Best Of 2020
Was kann man nach den vergangenen zwölf Monaten sagen? Wir alle wissen, dieses Jahr war anders, schwierig, tragisch, eine Zäsur. Umso schöner, gab es weiterhin Musiker*innen, Künstler*innen und Kulturschaffende, die weitergemacht haben, die uns mit ihren Liedern, Alben und – sofern möglich – Darbietungen beglückt haben. Je länger man darüber nachdenkt, desto mehr fällt auf, wie stark das Musikjahr 2020 trotz allen Widrigkeiten war. Wie viele aufrüttelnde Alben entstanden sind, wie viele Auftritte unsere Herzen berührt haben.
Gerne laden wir euch dazu ein, unsere Favoriten, Lieblinge und Held*innen in der Best Of 2020 zu entdecken. Persönlich gewählt von den Mitarbeiter*innen bei ARTNOIR, hier nach Vorname geordnet präsentiert. Keep On Rockin‘ In The Free World! Und bleibt gesund.
Best Of 2019 /Best Of 2018 / Best Of 2017
Alain Schenk – Fotoredaktion
Top 5 – Alben National
Annie Taylor – Sweet Mortality
Hätte ich ein amerikanisches Muscle-Car und würde jeden Abend auf einer verlassenen, staubigen Strasse in den Sonnenuntergang brettern, liefe dieses Album in der Endlosschlaufe. Funktioniert auch an einem grauen Tag, irgendwo im Mitteland auf der trostlosen A1 zwischen Bern und Zürich.
Hathors – Grief, Roses & Gasoline
Diese Stimme, dieser Sound und dieser Groove! Hathors aus Winterthur sind einfach grossartig.
Tar Queen – Polychrome Harmony
Sieben Jahre nach Continuum kommt Polychrome Harmony. Die Band aus Fribourg hat zusammen mit Jari Antti (Ex-Navel) ein tolles Album produziert und auf Vinyl gepresst.
willibald – Le Roi Est Moi
Dieses Album ist mehr Herbst als Sommer, mehr Mindestabstand als dicht an dicht, mehr kantig als rund und mehr recht als schlecht! Die Gänsehaut wächst beim Anhören von Mal zu Mal.
Migre Le Tigre – Bloodbath & Recovery
Auf den letzten Metern in diesem Jahr gerade noch in die Top 5 reingeschlichen! Tolles Album!
Top 5- Alben International
The Chats – High Risk Behaviour
Dieses Album kam in diesem Frühjahr raus und ich wusste sofort, das Teil landete in meinen Top 5, komme was wolle!
Stiff Richards – State Of Mind
Ehrlich gesagt, ich weiss wirklich gar nichts über diese Band, aber ich habe das Album „State Of Mind“ rauf und runter gehört. Unbedingt reinhören!
NOFX & Frank Turner – West Coast vs. Wessex
NOFX covern 5 Songs von Frank Turner und umgekehrt. Am Schluss entscheidet der Zuhörer wer diesen musikalischen Kampf um das Punkrock-Krönchen gewonnen hat. Wobei, der grösste Gewinner ist der Käufer des Albums.
Mother’s Cake – Cyberfunk
Die Jungs aus dem wunderschönen Tirol wirbeln mit ihrem Album „Cyberfunk“ gewaltig Staub auf. Von Stonerrock bis Funk, alles dabei.
Terrorgruppe – Jenseits von Gut und Böse
Terrorgruppe aus Berlin, mit einem Album das lyrisch etwas frischer und musikalisch etwas punkiger daherkommt als eine andere, ganz grosse Punkband aus Berlin.
Anna Wirz – Fotoredaktion
Top 5 – Konzerte
1. Editors, Fri-Son – Fribourg, 15.02.2020
Die Best Of-Tournee lieferte eines der besten Konzerte des Jahres. Genial das Dreierpaket „Violence“, „Frankenstein“ und „Papillon“ hintereinander.
2. Leprous, Fri-Son – Fribourg, 11.02.2020
Die Norweger in spielfreudiger Bestform. Das unheimliche Sirenen-Outro von Abschlusssong „The Sky Is Red“ hallte noch lange nach.
3. BelzebonG, Humbug – Basel, 29.08.2020
Nach 6 Monaten erzwungener Konzertpause tat es richtig gut, zum schleppenden Stoner Metal von BelzebonG zu headbangen.
4. Echolot, Kaschemme – Basel, 02.10.2020
Echolots epische Plattentaufe samt Nebel, Fabelwesen und einem begeisterten Publikum.
5. Sam Himself, Parterre One – Basel, 24.09.2020
Sam Himself führte witzig und mit ausdrucksstarkem Bariton durch den Indie-Abend – ein Genuss.
Top 5 – Songs
1. Glass Animals – It’s All So Incredibly Loud
Der langsame leise-zu-laut Aufbau, die zerbrechliche Stimme von Dave Bayley, die treibende Perkussion – ein eindringlicher, hinreissender Song.
2. Spiritbox – Holy Roller
Hart, kompromisslos und eingängig, mit starkem Screaming von Sängerin Courtney LaPlante. Die spannendste Entdeckung des Jahres.
3. Paradise Lost – Darker Thoughts
Der ruhige, akustische Beginn, dann das Soundbrett und der Schrei von Sänger Nick Holmes – meisterhaft. Überhaupt ist das ganze Album „Obsidian“ ein Glanzstück von Paradise Lost.
4. Jasmin Albash – Sink
Ein Song, den man nach dem ersten Hören sofort in einer Endlosschleife laufen lässt. Wunderschön hypnotisierend.
5. Snow Patrol & The Saturday Songwriters – On The Edge Of All This
Eine Zusammenarbeit zwischen Frontmann Gary Lightbody und Snow Patrol Fans, entstanden via soziale Medien in der einsamsten Zeit des ersten Lockdowns. Ein herzerwärmender Song.
Berend Stettler – Fotoredaktion
Top 5 – Konzerte
1. Deichkind, Hallenstadion – Zürich, 27.02.2020
Das Konzert begann mit einem zehnminütigen Video. Darin wird ein nackter Lars Eidinger kopfüber an einem Seil hochgezogen, in einen blauen Farbtopf getunkt und dann quasi als Pinsel über den weissen Boden gezogen. Abstrakte Kunst? Kann man machen. Die Show selbst war schrill, kreativ, schräg, absurd, komisch. Richtig gutes Zeug. Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah).
2. Dropkick Murphys, Festhalle – Bern, 15.02.2020
In der Berner Festhalle brach die Bierversorgung bei den Murphys mehr oder weniger zusammen. Wer nach dem dritten Song ein Bier holen ging, kam rechtzeitig zu den Zugaben wieder zurück. Die Band ist und bleibt ein persönlicher Favorit.
3. ZSK, Dynamo – Zürich, 16.01.2020
Die Berliner Punker haben immer Bock zum Spielen und geben ab Sekunde Eins Vollgas. Belohnt wird dieser Einsatz mit einem Publikum, das ebenfalls für Nonstop-Stimmung sorgt. Es war eines dieser Konzerte, für die ich das Dynamo so liebe.
4. Five Finger Death Punch, Hallenstadion – Zürich, 17.02.2020
Der Auftritt hat mich positiv überrascht. Die Band strotzte vor Spielfreude und Sänger Moody präsentierte sich in absoluter Bestform. Nicht selbstverständlich, wenn man sich die vielen negativen Schlagzeilen in den letzten Jahren zu Gemüte führt.
5. Billy Bio, X-TRA – Zürich, 20.01.2020
Im Rahmen der Persistence-Tour trat auch Biohazard-Frontmann Billy Graziadei auf. Der alte Hase liess keine Zweifel aufkommen, dass sich die jungen Hasen richtig anstrengen müssen, um ihm das Wasser zur reichen. Hardcore-Punk vom feinsten.
Christian Wölbitsch – Fotoredaktion
Top 5 – Alben
Culk – Zerstreuen über Euch
Eine der wenigen deutschsprachigen Platten, die es mir wirklich angetan hat. Die vier Wiener*innen vereinen Poesie und Musik. Da schimmert ein bisschen The Cure durch. Unbedingt anhören und zuhören.
Thurston Moore – By the Fire
Eine faszinierende Symbiose aus Krach und Wohlklang. Das Ex-Sonic-Youth-Genie in Höchstform. Wenn Moore im Song „Hashish“ die ersten Töne anschlägt ist es, als wäre Bowie soeben auferstanden. Sein Gitarrenspiel in „Calligraphy“ ist der Wahnsinn, die zwölf Minuten von „Siren“ bedeuten für mich geniale Musik.
Eels – Earth to Dora
Entweder man liebt ihn oder man liebt ihn, Oliver Everett, alias Mr. E. Er hat es mal wieder geschafft, mir mit diesem Album einen meiner versauten Tage zu retten. Oder waren es viele versaute Tage? Der kauzige Geselle begleitet mich musikalisch schon viele Jahre. Seit ich ihn 2019 im X-TRA gesehen habe, liebe ich ihn umso mehr.
The Flaming Lips – American Head
Das sechzehnte Album der Psych-Rockband aus Oklahoma. Eine tolle Zeitreise und Songs über gute und nicht so gute Zeiten im Nirgendwo der USA. Diese Platten zu hören ist wie luzides Träumen.
Jonathan Hultén – Chants from Another Place
Der androgyne Hultén hat ein sehr stimmungsvolles Werk geschaffen, einziger Kontrast „Next Big Day“. Seine Musik fühlt sich tatsächlich wie aus einer anderen Welt an. Gerade in den Tagen vor Weihnachten hat mich diese Platte berührt. Wunderschöne Harmonien begleitet von einer faszinierenden Stimme.
Top 3 – Konzerte
Stereophonics, Volkshaus – Zürich, 06.02.2020
Es war einer dieser Abende, als gäbe es kein Morgen. Ein Urteil wie genial der Auftritt der Phonics rund um Kelly Jones war, kann ich mir nicht bilden, ich erlebte sie zum ersten Mal. Die Leute hatten ihren Spass, ich definitiv! In meiner Ecke war eine ganze Truppe von hartgesottenen Fans, entsprechend wurde jeder Song vom ersten Takt an gefeiert.
Liam Gallagher, Halle 622 – Zürich, 20.02.2020
Kein perfekter Auftritt, kein perfekter Sound und auch nicht meine Lieblingslocation. Trotzdem ein Highlight im sehr kurz geratenen Konzertjahr. Er ist halt unglaublich cool. Mit seinem weissen Parka, seiner typisch rotzigen Art und seinem ganzen Gehabe ist und bleibt er wohl auf ewig der Ex-Oasis-Rockstar.
3teeth, Werk 21 – Zürich, 27.02.2020
Die Stimmung im Werk21 und der eindrucksvolle Sound von 3teeth hat es mir definitiv angetan. Alexis Mincolla kommentierte die Atmosphäre scherzhaft als Highschool-Konzert, wohl wegen der eher überschaubaren Anzahl an Zuhörer*innen. Ich ahnte damals nicht, dass es eines meiner letzten Live-Erlebnisse im 2020 werden sollte.
Cornelia Hüsser – Redaktion, Vorstand
Top 5 – Alben
Airbag – A Day At The Beach
Progressive Rock + Electronica + New Wave + Post-Rock = ein starkes, atmosphärisches Album.
Angstkiste – The Spiral / The Stairway
Am One Of A Million Festival sofort verliebt, tolles Ambient-Gedröhne.
IST IST – Architecture
Ein wunderbares New-Wave-Indie-Gebräu mit dazugehöriger visueller Umsetzung. Leider erst viel zu spät im Jahr entdeckt.
LOAD – Superego
Hallo liebe 80er! Synthpop und Wave, ohne dem Kitsch zu nahe zu kommen.
Ulver – Flowers Of Evil
Die Mischung aus Art-Rock und Electronica hat sich bewährt und wird fortgesetzt – allerdings komplexer und düsterer als zuvor.
Top 5 – Konzerte
Los Sara Fontan, OOAM Festival – Baden, 01.02.2020
Improvisationen aus Geigenloops und einem Haufen Effektgeräte – der reinste Flash. Die Sebastianskapelle hat wohl selten so schön gedröhnt.
Culk, OOAM Festival – Baden, 07.02.2020
Irgendwo zwischen Alternative Rock, Post-Punk und fordernd-gedehntem Gesang hat mich die Wiener Band ganz schön bezirzt.
Angstkiste, OOAM Festival – Baden, 07.02.2020
Zum Glück hat dieses Festival noch vor der Corona-Welle stattgefunden! Hinsetzen, Augen schliessen und von Ambient, Drone und Noise berieseln lassen. Kann was.
Tobias Preisig, Werkstatt – Baden, 04.07.2020
Ein intimes Konzert im kleinen Rahmen, das nach dem konzertfreien Frühling wie ein kleiner Befreiungsschlag wirkte.
Emilie Zoé und Christian Garcia-Gaucher, KIFF – Aarau, 24.09.2020
Die musikalische Untermalung des höchst absurden Films „A pigeon sat on a branch reflecting on existence“. Ein tolles Kino-Konzert-Kunst-Projekt.
David Spring – Redaktion
Top 5 – Konzerte
Spanish Love Songs, Dynamo – Zürich, 29.01.2020
Also Vorgruppe von The Menzingers spielten Spanish Love Songs den Headliner locker an die Wand. Überraschend gut gelaunt, locker und voller Spielfreude überzeugten sie mit ihren fantastischen Emo-Hymnen und einer vorzüglichen Show.
Rivers Of Nihil, Z7 – Pratteln, 07.02.2020
Für mich mit Bands wie Thy Art Is Murder, Carnifex, Fit For An Autopsy und I Am der härteste Konzertabend des Jahres. Am meisten überzeugten mich Rivers Of Nihil, die neben all dem Metalcore-Gebolze mit ihrem genialen Tech-Death-Metal auftrumpften.
Failed Teachers, Cafebar Mokka – Thun, 28.02.2020
„I love the man with the moustache, baby!» Muss ich dazu noch mehr sagen? Es war eine Freude und eine Ehre, diesem chaotischen Konzert im schönen Mokka beiwohnen zu dürfen. Riot rules the town tonight, einfach die beste Band der Schweiz.
Radio Havanna, Werkk – Baden, 06.03.2020
Der Gig wurde Corona sei Dank von Zürich ins Werkk verschoben. Band und Fans waren so sehr erfreut, dass die Show überhaupt stattfinden konnte, dass alle Beteiligten alles gaben. So viel Energie, Freude und Punkrock taten einfach gut.
Bad Cop / Bad Cop, Hafenkneipe – Zürich, 11.03.2020
Mein letztes Konzert vor dem Lockdown war wohl auch das beste des Jahres. Vom Dynamo in die Hafenkneipe verlegt, rockten die vier Ladies aus Kalifornien alles in Grund und Boden. Perfekter Abend.
Top 5 – Alben
Annie Taylor – Sweet Mortality
Die Erwartungen an das erste Album der Zürcher*innen waren gross. Zum Glück überzeugt „Sweet Mortality“ auf ganzer Länge. Die Band kombiniert sämtliche Stärken und liefert ein grandioses Debüt ab.
Die Ärzte – Hell
Das beste Album des Jahres ist für mich, ganz zu meiner eigenen Überraschung, von der Besten Band Der Welt. Dass Die Ärzte (aus Berlin!) nochmals so einen Hammer von Album abliefern würden, hätte ich nicht erwartet. „Hell“ ist tatsächlich nahezu perfekt.
Kid-Dad – In A Box
Dies war Überraschung und Entdeckung des Jahres für mich. Die Alt-Rock-Band aus Paderborn hat ein enorm überzeugendes Erstlingswerk abgeliefert, mit Detailverliebtheit und einem Streben nach Perfektion, das ihresgleichen suchen.
Madsen – Na Gut Dann Nicht
Eine grosse Überraschung war 2020, dass die netten Jungs von Madsen ein astreines Punk-Album aus dem Ärmel geschüttelt haben. Das Teil ist wütend, aufmüpfig und rockt enorm, zudem ist ihnen mit „Quarantäne Für Immer“ die wohl beste Corona-Hymne gelungen.
War On Women – Wonderful Hell
Ein Jahr wie 2020 braucht wütende Musik und War On Women lieferten den perfekten Soundtrack für den fortwährenden Kampf gegen Misogynie, Rassismus und das Patriarchat.
Top 5 – Songs
Itchy – Wo Seid Ihr Denn Alle?
Itchy sind erwachsener geworden. Das neue Album „Ja Als Ob“ kommt ganz in Muttersprache daher. Das steht den drei Herren überaus gut zu Gesicht und beweisen das nicht nur mit diesem frohgemuten Meisterwerk.
Lucifer Star Machine – Midnight Crawler
Ende März hatte ich prophezeit, dass dieses Lied auf meiner Top-Liste des Jahres sein würde, und siehe da, es ist genauso. Viel ist seither passiert, dieser geniale, rasante und eingängige Rocker macht immer noch alles richtig.
Pears – Comfortably Dumb
Kaum eine Band bringt so viele Einflüsse und Referenzen in ihren Songs unter, wie Pears es auf ihrem diesjährigen Album schaffen. Etwas Lagwagon, etwas Pink Floyd und etwas Sick Of It All, alles in einem zweiminütigen Song – wunderbar.
Sky Valley Mistress – Blue Desert
Fast elf Minuten dauert dieses geniale Space-Stoner-Rock-Meisterwerk. Sky Valley Mistress nehmen uns auf eine abgespacte Reise und zeigen eindrucksvoll, was für eine grossartige Gruppe an herausragenden Musiker*innen sie sind.
Partner – Big Gay Hands
Das Jahr bot nicht viel zum Lachen. Zum Glück haben Partner ein durch und durch bezauberndes, fröhliches Classic-Rock Album-geschaffen, das einem auch an den grausten Tagen ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Diese sexy Gay-Hymne mit Augenzwinkern macht besonders Laune.
Michael Bohli – Chefredaktion
Top5 – Alben National
1. Die Aeronatuen – Neun Extraleben
Danke Guz, für deine Musik und deine Kunst. Und diese Ehrenrunde. „Alle meine Verflossenen, sind heute in der Geschlossenen“. Ja, irgendwann wird alles gut.
2. Dachs – Zu jeder Stund en Vogelgsang
Fahrradfahrer, Fastfood, Vögel – Mundartpop in frech und abenteuerlich, mit grossem Hitpotential und geilen Sounds. Erstaunlich und herrlich, dass „Beat Breu“ bis heute nicht nervt.
3. Casanora – Happiness Is Mostly Sold Out
Wer ist hier eigentlich der Psychopath? Die Künstlerin aus Bern lässt unsere Schweiz in bedrohlicher Electronica versinken und reisst in der Stille gefährliche Abgründe auf. Anders, faszinierend.
4. Annie Taylor – Sweet Mortality
Surf-Garage-Grunge-Girl-Power-Rock aus Zürich. Lebensfroher klang in diesem Jahr wohl keine Band zwischen Pandemie und Lockdown. Her mit dem Sonnenuntergang.
5. The Night Is Still Young – She Wants Us To Leave
Wer hätte Anfang Jahr gedacht, wie prophetisch dieses Album sein wird? «Apocalypse Please!» und schon war diese da. «There She Goes Our Beautiful World», mit beschwörenden Gitarren untermalt.
Top5 – Alben International
1. Grimes – Miss Anthrophocene
And the angel of death, she said to God
„Un-fuck the world, un-fuck the world
You stupid girl, you stupid girl“
2. Culk – Zerstreuen über euch
Feministische Musik mit Klängen und Texten, die unter die Haut gehen, das Herz aufreissen und die Gedanken sprengen. Sehr emotional, sehr intelligent, sehr sehr gut.
3. Sufjan Stevens – The Ascension
Wenn Herr Stevens seine elektronisch erweiterten Folk-Songs spielt, dann tun sich Welten auf. In jedem Satz eine Wahrheit, in jeder Melodie eine gefühlvolle Umarmung. Melancholisch, realistisch, wunderschön.
4. Ulver – Flowers Of Evil
Synthesizer, Bassläufe und Lieder, die mehr Erzählung als Komposition sind. Die Gruppe setzt ihren eingeschlagenen Weg mit fulminantem Songwriting fort.
5. Emma Ruth Rundle And Thou – May Our Chambers Be Full
Ihr Gitarrenspiel und ihre Stimme, in Kombination mit dem harschen Metal – ein Gewinn für uns alle. Diese überraschende Zusammenarbeit erscheint nun logisch und nötig, hoffentlich folgen viele weitere Alben.
Top 5 – Konzerte
1. dj. flugvél og geimskip, OOAM Festival – Baden, 04.02.2020
Wie wünschte ich mir, ich könnte die isländische Künstlerin jetzt noch einmal erleben. Denn so viel Leben, kindliche Freude, Liebe und Farben wie an diesem Konzert gab es sonst nie in dem Jahr.
2. Culk, OOAM Festival – Baden, 07.02.2020
Aus Wien direkt in mein Herz: Sängerin Sophie Löw und ihre Band eröffneten mit dem fliessenden Auftritt das Tor zu einer anderen Welt. Eine intensive Aussprache mit treffenden Texten.
3. Hilde Marie Holsen, Match And Fuse Festival – Zürich, 31.01.2020
Der Auftritt als stete Improvisation, gefunden wurde die Schönheit mit Trompete, Loops und Laptop. Formgelöst und zeitgenössisch, trotzdem niemals zu abstrakt.
4. Magic Island, OOAM Festival – Baden, 04.02.2020
Nach dem isländischen Raumschiff (siehe Platz 1) wurde des melancholischer und bedächtiger. Niemals aber weniger intensiv oder menschlich. Rotes Licht, roter Anzug, rote Gedanken – Pop in stilistischer Vollendung.
5. Mia Morgan, Radar Festival – Zürich, 07.03.2020
Grufti-Schlager mit Vampir-DJ, lasziven Bewegungen und Liebeskummer – verrückt, andersartig und genau deswegen so grossartig. So etwas im Gonzo an der Langstrasse erleben zu können, macht ein Festivalleben so grossartig.
Michael Messerli – Redaktion
Top 5 – Alben
1. Sløtface – Sorry For The Late Reply
Als dieses Album erschien, war die Welt noch halbwegs in Ordnung. Abgesehen vom Klimawandel natürlich: „Sink Or Swim“. Und heute? „New Year, New Me“? Haley Shea wusste schon im Januar, dass das Quatsch ist.
2. Elder – Omens
„Omens“ ist ein Progrock-Album wie aus einem Guss. Ein wunderbares Gesamtwerk, alles fliesst ineinander und nichts langweilt in diesen epischen Songs, die sich das Beste bis zum Schluss aufsparen.
3. Vennart – In The Dead, Dead Wood
Biffy Clyro haben ein gutes Album veröffentlicht, deren Tourgitarrist jedoch ein hervorragendes. Mike Vennart verzichtet auf jegliche PR und lässt den Mittelfinger für sich sprechen. In jeder Hinsicht das Lockdown-Album des Jahres.
4. The Beths – Jump Rope Gazers
„Long Distance is the wrong distance“, singt Elizabeth Stokes. Und das in einem Jahr, in dem Social Distancing die richtige Art von Distanz ist, die sich zugleich falsch anfühlt. „Jump Rope Gazers“ tröstet wie eine lange Umarmung.
5. Phoebe Bridgers – Punisher
Bitte nie mehr ein Musikjahr ohne Phoebe Bridgers. Das stand hier schon letztes Jahr. „Punisher“ sei ruhig und Bridgers verharre in ihrer Komfortzone. Beides stimmt und beides ist egal, wenn Musik und Texte so verdammt gut sind.
Top 5 – Songs
1. Muzz – Red Western Sky
Während die Anzüge von Interpol langsam etwas eng erscheinen, probiert Paul Banks andere an – zum Beispiel mit Muzz. So erhaben wie „Red Western Sky“ klingen selbst The National selten.
2. Idles – Grounds
Der Sloganismus erschöpft sich noch nicht, aber Idles müssen uns irgendwann von einer anderen Seite in den Hintern treten. „Grounds“ gibt die Kickrichtung vor: Schwer stampfend, sägend, mechanisch und textlich natürlich einwandfrei.
3. Bitch Falcon – Gaslight
Die Gitarre kratzt auf, der Bass scheucht einen durch den Raum, das Schlagzeug prasselt auf einen nieder. Ein ungutes Gefühl breitet sich in der Magengrube aus und dann wird es dunkel. Bitch Falcon aus Dublin haben ihren Sound gefunden.
4. Pillow Queens – Howdoilook
Nochmals Dublin: Pillow Queens lassen aber mehr Licht in den Pub. „How does my body look in this light?“. Das ist natürlich völlig egal, Hauptsache es klingt so grossartig wie dieser Song.
5. Eliza & The Delusionals – Swimming Pool
„Baby, I’ll be the one to just dive in/ Even when the signs say ‚Don’t Swim'“. Die Band aus Australien veröffentlichte dieses Jahr einige vielversprechende Songs, die einen vorfreudig auf ein Album hoffen lassen. Der hier rettete den Sommer.
See you in 2021!