Bayonet Records / VÖ: 4. Februar 2022 / Electronica, Pop
yeule.jp
Text: Michael Bohli
Fehler zu vermeiden ist im Alltag meist der Anspruch vieler Menschen. In der Kunst hingegen wird es spannend, wenn sich ungewollte Aspekte einschleichen, wenn Klänge oder Konstruktionen entgleisen. Das neue Album «Glitch Princess» von yeule macht aus den möglichen Unregelmässigkeiten keinen Hehl, sondern trägt diese stolz im Titel. Elektronische Songs als Popversuch, in London aufgenommen und mit krummer Ästhetik dargestellt – Nat Ćmiel lässt Sound-Standards in Abgründe stürzen und filtert die wahre Emotionalität aus der Musik heraus.
Erstarkend und schön kann «Glitch Princess» trotzdem sein, yeule nähert sich bei «Don’t Be So Hard on Your Own Beauty» dem folkigen Stück Lebenslust, «Bites on My Neck» träumt über Melodien und elektronische Kunstwelten, bis der Beat den Horizont aufreisst. Das ist stellenweise ähnlich wie bei Grimes und liebt die einzelnen Sounds, welche aus der Masse herausstechen und eigenwillig die Lieder an sich reissen («Electric»). Die Bässe und Rhythmen treiben an («Too Dead Inside»), minimalistische Erzählungen kippen aus dem Gleichgewicht («Eyes»).
yeule macht Fehler zu einer anstrebenswerten Tätigkeit, der Glitch-Pop stürzt die Mythen der Perfektion um und reisst der elektronisch-eingängigen Stilrichtung die Fassade weg. «Glitch Princess» ist ein Album über Selbstermächtigung, lässt Emotionen und Hoffnungen im Strudel untergehen («I <3 U») und trennt Erfahrungen und Fantasie schon gar nicht. So endet die Platte zwar lärmig und düster mit «Mandy», funktioniert vor allem aber als Antrieb.