Bureau B / VÖ: 25. Oktober 2019 / Krautrock, Pop
ikreidler.de
Text: Michael Bohli
Die Feder ist blau und wunderbar anzuschauen, doch Vorsicht, die Schönheit sticht und kann undifferenzierte Aussagen oder Taten schnell strafen. Man sollte sich vom wiegenden und schlendernden Gang von „Flood“ nicht täuschen lassen, Kreidler haben erneut ein Album aufgenommen, das hinter einer bunten Fassade viele Gedanken und Ideale beheimatet. Wurde beim Vorgänger „European Song“ noch drastisch eine gesamte Platte über den Haufen geworfen, um politischen Strömungen entgegenzuhalten, nimmt jetzt die Popmusik die Position als globalisiertes Lehrstück ein.
Der Krautrock zieht sich bei den acht Songs zurück und bietet einer neuen Form von Disco den Raum: Kreidler lassen Synthesizer und Bässe um Ideen kreisen, generieren damit repetitive Muster und suchen in der beschränkten Unendlichkeit die Melodien und Grooves. „Celebration“ weiss über die alten Schulen Deutschlands Bescheid, „Eurydike“ nutzt als Einstieg die perkussiven Kurse für Fortgeschrittene. Ohne Hast, mit Freiraum und Entfaltungsmöglichkeit. Was beim ersten Highlight „Nesindano“ alles zusammenkommt, inklusive Gesang.
Gastsängerin Nesindano Namises singt in „Khoekhoe/Damara“ Zeilen, welche perfekt die Lücken des gemütlichen und trotzdem bestimmt wirkenden Liedes füllen. Kreidler zeigen sich einerseits minimalistisch, gleichermassen aber als Spiegel der Welt. Kraftwerk sind in der Tiefe zu finden, beim Mehrteiler „Flood“ Folk und Traditionen diverser Gebiete. Ob Brasilien oder Westeuropa, diese nachdenkliche Clubmusik dient wunderbar als Mittel gegen die aktuelle Flut an Hass, Wahn und Falschinformationen.