Arctic Monkey + James Blake + Glass Animals + Sigrid + Sea Girls + Annie Taylor
Rümlang – Zürich
Dienstag, 23. August 2022
Text: Michael Bohli / Bilder: Anna Wirz
Da ist es wieder, zurückgekehrt aus dem Zwangsurlaub, mit frischem Gewand, neuer Aufstellung und Jubiläumsprogramm. Dass es bereits am Dienstagnachmittag losgeht, ist Bonus und Kuriosum, dafür lockte das Zürich Openair mit einer gitarrenlastigen Mischung. Dass man sich zuerst auf dem erneut anders aufgebauten Gelände zurechtfinden und die Hürden an den Verkaufsständen überwinden musste, hat ja fast Tradition hier in Rümlang. Immerhin aber hatten es bereits diverse Leute in die Tent Stage geschafft, um den Auftakt mitzufeiern.
Lohnend war dies, spielten Annie Taylor aus Zürich auf und servierten als ersten Gang eine satte Portion Garage-Rock mit viel Energie. Auch wenn die Stimme von Frontfrau Gini etwas weit nach hinten gemischt wurde, konnte sie dies mit Spiellust und lauten Ausrufen übertünchen. Bloss schade, war die Kommunikation mit dem Publikum etwas schwierig – aber um 17 Uhr ist man am Wochenanfang noch nicht eingetanzt. Das störte nicht weiter, kam sogar Satan zu Besuch und die Saiten liefen heiss.
Sehr warm war es danach vor der Hauptbühne bei Sea Girls. Die Sonne brannte auf die Mannen, deren Songs grüssten mit fester Umarmung die Nullerjahre. Das passte perfekt zum Nostalgie-Lineup der diesjährigen Ausgabe, das mit diversen Namen aus der Indie-Hochphase zu locken wusste. Dass allerdings bei diesem Auftritt die riesige und bunte Bühne ablenkend wirkte, war nicht nur positiv. Zu altbekannt und nett wirkten die Kompositionen, der Pop-Einschlag war massiv.
Wobei mein Herz eh bereits wieder im Zelt war, dort spielte die sympathische und authentische Sigrid mit ihrer famosen Band auf (Bassistin Liva Austad Sværen ist ein Juwel). Mein Highlight; Gänsehaut und Mitsingmomente inklusive. Nach dem grandiosen Auftritt in Lausanne überzeugte die junge Frau aus Norwegen am Festival, Kracher wie «It Gets Dark», «Mirror» und «Burning Bridges» rissen das Publikum mit. Der übersteuerte Bass in der zweiten Hälfte des Konzertes konnte ich mit glänzenden Augen verschmerzen. Welch Wonne!
Die Gruppe mit Neonschmuck, Ananas-Hymne und polyphonen Melodien hatte es danach schwieriger bei mir, was daran lag, dass ich die Songs von Glass Animals noch nicht kannte. Klar, der Abschluss des Sets mit «Heat Waves» sorgte für grosse Begeisterung und lautem Gesang aus dem Publikum, der Rest dieser Indie -R&B-Art-Pop-Mischung wurde von mir zurückhaltend aufgenommen. Musik für den Kopf, der danach den Körper antreibt. Eine ungewöhnliche Buchung auf jeden Fall und nicht ohne Mut.
Bedächtiger und dröhnend zeigte sich James Blake, der talentierte Produzent und Musiker liess die Tent Stage beben und zugleich die anwesenden Personen lauschen. Es war die Ruhe vor dem nachfolgenden Sturm, perfekt gespielt und mit modularem Synthesizer aufgepeppt. Die Band steigerte sich zu einer Technoparty und liess die Glieder zucken. «Friends That Break Your Heart»? Das gab es zu dieser Stunde glücklicherweise nicht.
Und dann das Highlight, der Hauptgrund, wieso dieser Dienstagabend am Zürich Openair gut besucht war, die Verursacher von vielen Shirts mit Sinuskurven, die jungen Wilden der Indie-Generation: Arctic Monkeys. Wie eine Zeitreise fühlte sich der Auftritt an, das Publikum am Bühnenrand kreischte wie bei grossen Popstars und Frontmann Alex Turner griff cool an die Gitarre und in seine Haare. Wurden hier Bono und Elvis gekreuzt? Der Vibe war etwas unnahbar, die Band spielte mit bis zu sieben Personen auf der Bühne aber mit einer Kaskade von Hits alle Zweifler:innen aus dem Festivalgelände. «I Bet You Look Good At The ZOA 2022!»