11. März 2018
Halle 622 – Zürich
Bands: Franz Ferdinand / Crimer
Schwarzer Anzug, weisse und aufgestellte Haare – Frontmann Alex Kapranos hat nicht nur einen neuen Look, er sieht damit auch fast wie David Byrne aus. Und das passt doch perfekt zur Musik von Franz Ferdinand, denn diese liegt schon seit dem ersten Album nahe beim Post-Punk und mit dem Song „Lois Lane“ haben die Mannen aus Glasgow nun endgültig ihre Version von den Talking Heads komponiert. Zappelig wie eh und je, mit nervösen Gitarren und Satzgesang, aber doch immer mit der Tanzfläche im Blick und der melodischen Auflösung – ein Grundsatz, der auf das gesamte Konzert in der Halle 622 angewandt wurde.
Mit ihrem neusten Werk „Always Ascending“ haben Franz Ferdinand nämlich nicht nur endlich eine neue Platte veröffentlicht, sondern ihren eigenen Stilmix im Indie-Rock noch breiter gestaltet. Der Auftritt in Zürich war somit ein Beweis, dass diese Truppe auch 16 Jahre nach ihrer Gründung immer noch Relevanz in sich trägt, was man schliesslich nicht von allen Hitbringern der Nullerjahre behaupten kann. So gab es an diesem Sonntag nicht nur eine vergrösserte Band mit neuen Mitgliedern zu bestaunen, sondern eine beeindruckend auffahrende Lichtshow und die gekonnte Mischung aus neuen Songs und alten Klassikern.
Dass die Band mit ihren neuen Stücken wie dem eröffnenden „Always Ascending“ oder dem immer noch hypnotisch wirkenden „Lucid Dreams“ in den Arrangements mehr Wert auf Entwicklung und Breite als extrem aktive Takte legen, das passte wunderbar zum Auftritt in der Halle. Man konnte sich mit den Musikern in die Nacht hineinbewegen, wurde nicht sofort vom Sturm und Drang des Indies erdrückt und spürte die kinetische Explosion bei frühen Stücken wie „Do You Want To“ oder „Walk Away“ umso stärker. Kein Wunder, hielt sich kein Besucher zurück. Nebst Crowdsurfern und ausgeschüttetem Bier gab es viel geschwungene Hände, Klatschen und Springübungen.
Das forderte Alex Kapranos nicht nur zwischen den Songs, er zelebrierte es auch gleich wie der Leiter eines Gospelchors. Die Liebe sollte in beide Richtungen fliessen und keine Person musste an diesem Abend mit schlechtem Gefühl den Heimweg antreten. „Feel The Love Go“, öffne dich, geniesse diese neue Lust an dem Verbund aus kunstvoll kreierten Liedern und Gesamtbildern mit dem Schweiss und dem Druck der Disco. Da passte es auch, dass sich die Synthies frech neben die Stakkato-Gitarren stellten und sich im Hintergrund Gemälde und Neonlichter zu einer abwechslungsreichen Show verbanden.
Ob man nun mit „Lazy Boy“ den Krautrock besuchte oder mit „Ulysses“ in die kratzenden Abgründe hineinblickte – grosse Hymnen, Gesten und Refrains gab es immer. Franz Ferdinand haben ihren Ruf der tollen Liveband mit viel Elan, Körperwärme und Lust verteidigt. Und wenn es am Ende hiess „I’m Going To Burn This City“, dann blieb echt kein Stein mehr auf dem anderen.
Das wurde bereits zuvor auch durch Crimer versucht, der St.Galler Wavepopper sorgte aber eher mit seinen extrovertierten Tanzschritten als den Liedern für waghalsige Momente. Mit seinem ersten Album „Leave Me Baby“ gilt es nun die Welt zu erobern, und diese Achtzigerzitate passten ganz gut zur neuen Dance-Freude der Schotten. Doch leider wirkte das Trio um Crimer auf der Bühne etwas verloren, besonders im Gegensatz zur nachfolgenden Dynamik. Treibend war es aber immer, wie auch die restlichen Stunden von diesem ehemals grauen Sonntag.
Text: Michael Bohli
Bilder: Berend Stettler