6. Februar 2020
Diverse Lokale – Baden
Bands: Automatic / None Of Them / Chris Staples / Dives
Webseite: ooam.ch
Alles Systeme rot, ein Faden, ein Kleidungsstück, eine Stimmung – doch leider wollte der geplante thematische Überbau nicht immer greifen. Man sollte am One Of A Million Festival niemals zu früh etwas vordenken, denn anders kommt es immer. So fühlte sich der Donnerstag wie ein Samstagabend an, man schien langsam nur noch an den Konzerten zu existieren. Was kein Problem ist, wenn man so gut unterhalten wird, wie von den vier gehörten Acts.
Frisch und unverbraucht startete das OOAM mit Dives aus Österreich in den Abend – und einem vollgepackten Club Joy. Bis fast an den Bühnenrand stand das Publikum, darauf die drei Musikerinnen, welche ihr erstes Album „Teenage Years Are Over“ mitgebracht hatten. Voller Freude wurden Post-Punk, Power Pop und eine Prise Wave fluffig zusammengeführt und mit tollen Botschaften gefüttert. Einzelne Passagen verbanden sich nicht perfekt, mit Liedern wie „Chico“ und dem Aufruf an die Frauen, ihre musikalischen Träume einfach auszuleben, gewannen sie die Herzen aber schnell. Intensiver leuchtete nur noch der rote Jumpsuit von Bassistin Viktoria Kirner.
Nach so viel optimistischer Aussprache war das zurückhaltende Erzählen von kleinen Alltagsanekdoten etwas belanglos, trotz der roten Mütze von Chris Staples. Das Feuer spürte man in den Liedern, die zwischen Singer-Songwriter und bedächtigem Folk pendelten, selten. Grüsse von Sufjan Stevens und Wilco vernahm man in der Darbietung, die Wildheit aus Seattle hingegen nicht. Sein Begleiter unterlegte die Zeilen mit Gitarrenflächen, ab und zu kamen Backtracks in Spiel – doch bewegend wurde es erst ganz am Schluss, als die beiden Mannen nur noch mit dem Mikrofon in der Hand die Bühne der Stanzerei bespielten.
In der Ausstattung ebenfalls reduziert aber keinesfalls plump das Gebaren von None Of Them aus Zürich, die in der Druckerei endlich wieder für eine Festivalstunde voller Tanz und Party sorgten. Mit dem neuen Album „IIII“ konnten sich die OOAM-Gäste wunderbar austoben. Dem Duo auf der Bühne war, auch ohne rote Bekleidung, die Freude anzumerken, nicht nur über bekannte Gesichter aus Zürich oder den Visuals, sondern wegen der ehrlich euphorischen Energie im Raum. „Call Me On The Raw“ als Verlockung in die dunkle Nacht, „Wise Lion“ als Aufputschmittel für jede Zelle.
Was einzig zu bemerken war, was vor Jahren schon Bach gesagt hatte: Der Tiefton muss beischlafen. Die Anlage in diesem Raum hatte für die komplette Übernahme leider etwas zu wenig Druck. Das würde im Royal niemals passieren, hier wurde gepoltert und gedröhnt, mit einer grossen Portion Nostalgie. Automatic aus Los Angeles spielten astreinen Post-Punk der alten Tradition, mit kühler Distanz, polyphonen Synthesizern, mit gesampelten Drums. Und natürlich den grossartigen Songs wie „I Love You, Fine“ vom Album „Signal„.
Dank Schlagzeugerin Lola Dompé und ihren roten Lackhosen fand der Faden seine Farbe wieder, der Neunzigerstil durfte auf der Bühne mitmischen und alles wurde zur treibenden Einladung. Etwas Wave, viel Abgebrühtheit, starke Bassläufe – die Nacht gehörte nun definitiv allen Leuten, die sich an diesem Konzertabend nach Baden bewegt hatten.
Text: Michael Bohli