11. März 2018
Im Gespräch mit: Bob Hardy, Bassist von Franz Ferdinand
Lange Zeit waren Franz Ferdinand die Könige (oder der Kaiser) des Indie-Rock. Nach einigen längeren Pausen und neuen Versuchen in der Musik sind sie nun wieder zurück mit einem frischen Album namens „Always Ascending“ und einer grossen Tour. Wir nutzten die Chance um mit Bob Hardy ein Gespräch zu führen, bevor er mit seinen Kollegen die Halle 622 in Zürich bespielte.
Michael: Willkommen zurück, Bob – nicht nur in der Schweiz, sondern als Band mit neuem Album. Wie fühlt es sich an?
Bob: Danke, es fühlt sich wunderbar an, wieder mit Franz Ferdinand zu touren. Aber wir waren ja nicht wirklich weg, schliesslich hatten wir nach der 2014er-Tour das Projekt mit Sparks (FFS) und danach 2016 und 2017 mit Komponieren verbracht.
„Always Ascending“ war lange das Motto der Karriere. Denkst du, die „Marke“ Franz Ferdinand ist immer noch kraftvoll?
Ich sehe es eigentlich nicht wirklich als Marke, aber ich geniesse es viel stärker bei Franz Ferdinand zu sein als jemals zuvor. Je mehr Alben du machst, desto freier wirst du. Du wirst ein besserer Musiker und dein Spektrum vergrössert sich. Das fühlt sich echt gut an, und wir haben als Band auch ein grösseres Selbstvertrauen.
In den Nullerjahren war Franz Ferdinand eine der grossen Bands im Bereich des Indie und neuartigen Post-Punk. Wie fühlt sich diese Zeit im Vergleich zu heute an?
Ich kann es heute viel mehr geniessen. Früher waren wir teilweise sehr angespannt und es war nicht immer einfach, wenn du im Auge des Sturms agieren musstest. Das Spielen von Konzerten fühlt sich jetzt bedeutungsvoller an und ich geniesse die Zeit auf der Bühne mehr. Was auch mit dem Alter kommt.
Und dem Wechsel von kleinen zu grossen Lokalen mit mehr Leuten. Aber gibt es denn diese Freundschaft zwischen all den Indie-Bands von damals auch heute noch? Oder war sie gar nie so eng?
Die Jungs von Kaiser Chiefs kenne ich sehr gut und wir sind immer wieder via Twitter und ähnlichem in Kontakt. Zu den Jungs von Arctic Monkeys sage ich auch immer gerne Hallo, aber Maxïmo Park zum Beispiel habe ich nie wirklich kennen gelernt. Generell sind befreundete Bands eher die, welche aus der Umgebung von Glasgow stammen, wie Mogwai oder Belle And Sebastian. Bands, die vor uns da waren und immer noch existieren.
Zum neuen Album: Die Platte ist vielfältiger als eure ersten Alben. War dies zu Beginn der Karriere nicht möglich, oder habt ihr dies gar nie gesucht?
Das passiert automatisch, wenn du älter wirst und für längere Zeit zusammen Musik machst. Man kennt sich gegenseitig und weiss über die Fähigkeiten und Interessen der anderen Bescheid. Und das fliesst natürlich in die Musik ein.
Einige Songs driften nun auch in die elektronischen Gebiete ab, in den Club. Als Bassspieler ist dies bestimmt ein Gebiet, in dem du dich wohl fühlst.
Ja, ich liebe es, das ist sehr cool (lacht). Als wir die Arbeit am Album begannen, sprachen wir über unsere Vorstellungen und was wir spielen möchten. Da wir alle einmal Bass gespielt haben war schnell klar, dass wir die rhythmusbetonten und groovy Songs wie „Stand On The Horizon“ oder „Goodbye Lovers & Friends“ vom letzten Album stärker verfolgen möchten. Diese Lieder spielten wir sehr gerne auf der Tour.
Der Klang wirkt auch erwachsener.
Ja, wir haben das Ganze auch etwas entschleunigt. Die ersten Alben waren extrem schnell und energetisch, jetzt spürt man ein grösseres Vertrauen in den Moment auf dem Album.
A propos Zusammenarbeit mit Sparks: Das war bestimmt auch ein grosser Einfluss für die Band.
Es war echt toll, mit zwei neuen Musikern zu arbeiten. Zuvor waren wir über all die Jahre nur vier Leute, und plötzlich zu sechst zu sein, hat alles verändert. Als Nick (Nicholas McCarthy, Gitarre und Keyboard) uns verliess, wussten wir, dass es Spass machen würde, mit neuen Leuten zu arbeiten. Und als wir Julian (Corrie, Keyboard) und Dino (Bardot, Gitarre) fanden, hat dies gleich von Anfang an wunderbar geklappt. Und wir hatten bei den Aufnahmen die Regel, dass nur so viele Klänge zu hören sind, wie auch Musiker auf der Bühne stehen werden.
Du gingst in Glasgow auf die Kunstschule und bist Maler. Ist dies immer noch ein grosser Teil in deinem Leben?
Naja, ich habe seit Jahren kein richtiges Bild mehr gemalt, Franz Ferdinand hat ziemlich viel Zeit beansprucht. Aber ich habe immer mein Notizbuch bei mir auf Tour und sammle Ideen.
Was wäre denn passiert, wenn du nicht mit dieser Band angefangen hättest?
Ich denke, ich wäre nach dem Abschluss in einer Küche gelandet, da ich Koch war. Das hätte mir das Geld eingebracht, um in der Freizeit zu malen und Kunst zu machen. Allerdings wäre ich wohl in keiner anderen Band gelandet.
Kannst du denn Melodien und Lieder genauso angehen wie ein Bild?
Ich glaube ja. Es gibt ähnliche Regeln über alle Kunstformen hinweg, sei es ein Gemälde, eine Songstruktur, ein Gedicht oder eine Fotografie. Die Struktur einer Kurzgeschichte hat vieles gemeinsam mit der eines Liedes: Das unerwartete Element, der langweilige Teil, der spannende Teil.
Ihr steuert als Franz Ferdinand auch immer Ideen und Resultate zum Design und der Verpackung eurer Alben bei. Versucht ihr auf jeder Tour, eine neue Version der Band zu kreieren?
Jede Albumtour hat ganz klar seine Eigenheiten. Bei dieser Show haben wir viel vom Coverdesign übernommen. Ebenso ist unser Lichttechniker seit 2004 dabei und wir arbeiten mit ihm sehr eng zusammen. Es gibt ein paar Neonfarben, den Videoscreen und einige Clubsachen, die im Hintergrund passieren.
Welche Musik hörst du denn privat gerne?
Wenn ich auf Tour bin höre ich meist Musik, die ich schon lange kenne. Neue Bands und Alben zu entdecken kann einen ziemlich auslaugen, wenn man selber jeden Abend ein Konzert spielen muss. Gerne höre ich auch Klassik, wie Debussy oder Ravel. Das ist eine schöne Abwechslung zu unserer eigenen Musik.
Klassik ist bestimmt auch eine gute Inspirationsquelle, mit der Bandbreite und den Erzählungen.
Wir sahen uns immer eher als Popband, welche im typischen Format von drei Minuten handelt. Das haben wir zwar etwas verändert, allerdings wäre das grösste Ziel immer noch, die Dynamik und den Inhalt einer halbstündigen Sinfonie in einen solchen Song zu quetschen (lacht).
Gab es denn in letzter Zeit tolle Alben, die man kennen sollte?
Da muss ich kurz auf Spotify nachschauen. Ought aus Kanada gefallen mir, ihr neustes Album „Room Inside The World“ ist brillant. Ebenso das Debüt von Superorganism oder Happy Meals aus Edinburgh.
Was sagst du zur aktuellen Diskussion bezüglich dem digitalen Konsum?
Ehrlich gesagt mache ich mir darüber nicht viele Gedanken. Als Konsument liebe ich es, denn im Gegensatz zu früher muss ich nicht mehr einen halben Rucksack voller Kassetten für meinen Walkman mitschleppen. Ich habe die gesamte Musikwelt in diesem kleinen Ding. Das ist der Wahnsinn. Aber es kann gerade für kleine Bands sehr schwierig sein heute. Wir sind in der glücklichen Position, von unseren Alben und Konzerten leben zu können.
Müssen wir denn wieder mehrere Jahre auf die nächste Platte von euch warten?
Wahrscheinlich nicht, denn wir fühlen uns momentan ziemlich produktiv. Wir arbeiten zurzeit sehr schnell und sind an einem guten Punkt. Ich hoffe also, es wird keine so lange Lücke mehr geben.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Michael Bohli
Fotos: Berend Stettler