Polyvinyl Records / VÖ: 26. März 2021 / Alternative, Experimental
xiuxiu.org
Text: Michael Bohli
Wer bisher immer dachte, die Musik von Xiu Xiu sei gar etwas drastisch, den Gesang würde man eher Leiden nennen, und eigentlich wären die Songs mit den eigenen Lieblingskünstler*innen doch viel cooler – Erlösung ist da. „Oh No“ verbindet den lärmig-depressiven Klang des Duos mit den musikalischen Vorbildern von Jamie Stewart. Hört sich irgendwie verrückt und unmöglich an, überzeugt allerdings nach wenigen Takten bei „Sad Mezcalita“ mit Sharon Van Etten.
Chelsea Wolfe, Owen Pallett oder Susanne Sachsse, eine illustre Gruppe hat sich für die 15 Songs zusammengefunden und bietet eine Ahnung davon, wie gross und heterogen die Plattensammlung im Archiv von Xiu Xiu sein muss. Passenderweise dienen die Lieder auf „Oh No“ dazu, sich mit unterschiedlichen Menschen zu befassen, mit Partnerschaften, Freundschaften und deren langsame Auflösungsprozesse. Hoch emotional, mit stark verzerrten Klängen und erstaunlich wenig krummen Ausbrüchen. Im Gegensatz zu „Forget“ gibt es keine lauten Beats oder brutale Ausbrüche, das Album bleibt zahm.
Der Titelsong bringt den Horror mit Sprechgesang und merkwürdigen Sounds, „I Dream of Someone Else Entirely“ gibt sich als Beschwörung mit Banjo, „Knock Out“ ist reizvoll nahe am alternativen Pop. So fassbar waren Xiu Xiu selten, ohne ihre Eigenheiten zu vergessen oder belangloser zu werden. Lieder wie „I Cannot Resist“ oder „A Classic Screw“ fühlen sich persönlich an, „Fuzz Gong Fight“ und „Rumpus Room“ sorgen für den nötigen Wahnsinn. In Stewarts und Angela Seos Kosmos einzusteigen war nie so einfach.