Fat Possum, Membran / VÖ: 5. Februar 2021 / Indie
theweatherstation.net
Text: Michael Bohli
Am One Of A Million Festival 2018 waren wir nicht komplett von der Darbietung überzeugt, fehlte der Druck und die Energie. Auf Platte kann die Wirkung anders funktionieren, das beweisen The Weather Station mit ihrem neusten Studiowerk „Ignorance“ auf beste Weise. Was innert wenigen Sekunden an Kate Bush denken lässt („Robber“), bleibt während allen zehn Liedern eine melancholisch-hübsche Begegnung. Mit warmen Klängen, der schönen Stimme von Tamara Lindeman und einem eleganten Auftritt. Unserer damaligen Ignoranz hat die Künstlerin klar den Gar ausgemacht.
Klar darf gesagt werden, dass The Weather Station Musik spielen, die am besten in der Komfortzone der eigenen Wohnung funktioniert. Das beste Beispiel ist „Atlantic“: Der sanfte aber immer gefühlvolle Gesang, die Klavierakkorde inmitten des Raumes, die kurzen Gitarrenspielereien und der darauffolgende Verbund aller Elemente im Refrain. So schreibt man Indie-Musik, die bei geschlossenen Augen das Herz erobert. Nicht jedes Lied auf „Ingorance“ ist von solcher Genialität, aber sogar bei eingängigeren Stücken wie „Separated“ oder Balladen („Trust“) bieten Kostüm und Produktion eine Vielfalt und Tiefe mit zeitlosem Ausdruck.
Ausfälle können bei „Ingorance“ keine vermeldet werden. Sicherlich ist das Folk-Ende „Subdivisions“ etwas gar zahm, dagegen bieten „Wear“ und seine Freunde akustische Spielereien und eine grossartige Balance zwischen Leerstellen und voluminösen Takten. Nicht nur ist der kompositorische Umstieg für Lindeman von der Gitarre auf das Klavier geglückt, als The Weather Station jongliert sie mit Rhythmen und untersucht mit ihrer Musik Missverständnisse und Verletzungen, die zu lange nachwirken können. Dieses Album tut das auch, glücklicherweise.