Dead Oceans / VÖ: 4. Februar 2022 / Pop
mitski.com
Text: Michael Bohli
«Laurel Hell» ist als Album ein Ventil, Mitski hat Lieder geschrieben, die sie hören musste. Als Katalysator, als Verarbeitung der aktuellen Zeit. Popmusik des Jetzt, ohne mit futuristischen Sounds alles zu verändern. Die Wurzeln des Indies sind geblieben, nicht nur das Piano ist von Hand gespielt. «Stay Soft» schöpft aus einem grossen Klangvolumen und betört an dritter Stelle auf der Platte zum ersten Mal mit Melodie und Harmonie. Ab dem Punkt steigert sich die Musikerin aus New York City, die tanzbaren Momente vermehren sich, die Ästhetik der Achtzigerjahre krallt sich in den Kompositionen fest.
Dass vieles an «Laurel Hell» bereits 2018 geschrieben wurde, stört nicht und schmälert die Relevanz der Lieder keinesfalls. Mitski zeigt sich als Beobachterin der eigenen Handlungsweisen und der gesellschaftlichen Entwicklungen, die Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen nehmen einen wichtigen Platz ein. «The Only Heartbreaker» und «There’s Nothing Left For You» sind grosse Hits mit viel Gefühl, besonders zweites greift sehnsüchtig nach den Sternen und faltet sich dann wieder intim zusammen. Den Schmiss findet man bei «Should’ve Been Me», das bereits jetzt zu meinen liebsten Liedern des Jahres gehört.
Die kopflastigen Momente werden von Mitski ausgeglichen, es entstehen Spannungen zwischen Test und Klänge, dann wieder zeigt sich die Musikerin elegant und klassisch («Heat Lightning»). Aus diesen Gründen ist «Laurel Hell» kein extrovertiertes und offensichtliches Pop-Feuerwerk, sondern eine tiefgründige Arbeit voller heimlicher Lieblingsmomenten. Hier wird nicht hedonistisch gefeiert, sondern die Schwermut mit Beats aufgebrochen.