Sub Pop / VÖ: 14. September 2018 / Slowcore, Indie
chairkickers.com
Text: Michael Bohli
Als ob gesamte Häuserblocks urplötzlich in die Lüfte erhoben und dann genau so schnell auch wieder zusammenfallen würden – so fühlen sich die ersten Minuten auf „Double Negative“ an. Jegliche Klänge, welche Low auf ihrem Jubiläumsalbum fabrizieren, sind der zerstörerischen Art der Elektronik ausgesetzt. Schnell wird einem klar, auch 25 Jahre nach der Bandgründung gibt es immer noch Gebiete, die man ohne Sicherheitskleidung nicht betreten sollte. Oder dann zumindest voller Zuversicht und Bereitschaft.
Denn der Slowcore, den das Trio so langer Zeit perfektioniert hatte, weicht nun emotionalen Experimenten voller Beats, verzerrten Gitarren und noch extremeren Bässen. Das Schöne an „Double Negativ“ ist aber, dass die betörende Sicherheit des emotionalen Pop von Low auch funktioniert, wenn Harmonien und Melodien durch extreme Effekte und Rückkopplungen zerstört werden. So rühren Lieder wie „Always Up“ oder „Poor Sucker“ in ihrer Einfachheit immer wieder zu Tränen.
Wirklich gross und grossartig werden Low aber dann, wenn sie sich komplett der neuen Art von Ausdruck und Form hingeben. Laut und voluminös zerstören sie ihre eigenen Ansätze, landen dabei in Gebieten wie Burial oder Sigur Ros und siegen mit ihrer Sicherheit. „Always Trying To Work It Out“, „Rome (Always In The Dark)“ oder der brachiale Opener „Quorum“ sind Sieger ihrer eigenen Direktheit und zerstäuben Zweifel und Ängste zwischen den Takten. Stimmen und Instrumente werden in den Frequenzen verteilt, die Gefühle bleiben erhalten. „Double Negative“ ist somit nicht nur eines der besten Alben des Jahres, sondern das Meisterwerk einer ganzen Karriere.