Interscope Records / VÖ: 22. Oktober 2021 / Pop
lanadelrey.com
Text: Michael Bohli
Fast unglaublich, aber mit «Blue Banisters» legt Lana Del Rey ihr bereits achtes Studioalbum vor – und 2021 nach «Chemtrails Over The Country Club» das zweite. Damit nicht genug, erhält man von der Musikerin aus Amerika 15 Songs mit einer Laufzeit von mehr als einer Stunde. Ob sich da nicht Wiederholungen einschleichen? Erstaunlicherweise nicht, vorausgesetzt, man kann sich mit dem Stil und der Präsentation der Lieder anfreunden. Sanft und verträumt singt Del Rey ihre Geschichten, immer leicht lakonisch und anrüchig, als fiktive Betrachtungen und wahren Beobachtungen in der Mixtur.
Die Bläser am Ende von «If You Lie Down With Me» klingen wie bei Sufjan Stevens, das instrumentale Zwischenspiel «Interlude – The Trio» holt den Hip-Hop in die Western-Umgebung, «Nectar of the Gods» ist Country-Songwriter und «Violets for Roses» eine schmachtende Ballade der Selbstermächtigung. Lana Del Rey treibt ihr Spiel mit den Retroströmungen weiter, besucht nicht nur die Hippiezeit, sondern greift gar bis in die Dreissigerjahre zurück. Piano, Gitarren, Bass und akzentuiertes Schlagzeugspiel, alles da. Richtig intensiv wird es mit dem emotionalen Ausbruch in «Dealer», hier scheint die Fassade zu bröckeln.
Auf «Blue Banisters» gilt aber weiterhin, was für Lana Del Rey schon immer wichtig war: Sie ist nicht bloss eine Musikerin, sondern eine greifbare Kunstfigur. Jeder Sound und jede Silbe sind an ihrem richtigen Platz, die Produktion ist spitze, eine neue Welt wird erschaffen. Wie viel davon aus dem Leben gegriffen ist spielt keine Rolle, sobald «Arcadia» das Herz öffnet und «Wildflower Wildfire» alles in warmes Licht taucht. Bei dieser Sängerin ist und bleibt man verzaubert.