Der gesunde Menschenversand / VÖ: 11. Januar 2019 / Mundart Pop
kingpepe.ch
Text: Michael Bohli
Der Moment, in dem man sich in den Texten von „Karma OK“ selber findet kommt früher oder später bei jedem. Die lyrischen Alltagsformulierungen und mit Stechblick ausgeführten Beobachtungen von King Pepe sind wieder zurück, scharf umschrieben und mit genügend Schalk, um eine mehrfache Analyse nötig zu machen. Ob die schlaflose Nacht der drehenden Gedanken, der fehlende Mut um den Geburtsort zu verlassen oder die drogenbeeinflusste Entscheidungsschwierigkeiten beim Einkauf – ja, hier findet alles kongenial in Sätzen, Gedichten, Texten zusammen. Eingebettet in herrliche, elektronische Musik ist das fünfte Album des Berner Musikers eine neue Stufe der Kunst, eine neue Abspaltung der Persönlichkeit und zugleich ein moderner Kommentar. Ohne Kleidungsstücke für Heilige, ohne stundenlange Arbeit in den sozialen Medien.
King Pepe hat sich mit Rico Baumann Beats zusammengebastelt, die mit modulierten Synthesizer und Stimmensamples einfache Ideen in neue Sphären schicken („Machtnürmirsihigh“), verführerische Bässe zulassen („Opel Astra“) und dann in die scheinbare Erlösung abtauchen („Au die fründliche Lüüt“). Da hier alles mit doppelbödiger Absicht geschieht, sind auch die fröhlichen Stellen immer wieder scharfer Zynismus. Das ist fantastisch und hebt „Karma OK“ meilenweit von den Jungspunden der heimischen Electronica- und Pop-Szenen ab. Ebenso, wenn sich die Arrangements in Richtung knorrigen Minimalismus verschieben und das Spoken-Word streifen.
Bei diesem Album wurde die korrekte Entscheidung getroffen, dass sich Musik und Texte nicht konkurrieren sollen, sondern gemeinsam auf das Ziel zuschreiten. Somit ist diese Dichtung zwischen Schwerelosigkeit in der heutigen Gesellschaft und jugendlichen Reminiszenzen ein dichtes und detailreiches Kapitel im Schweizer Pop. King Pepe zeigt sich auf dem Cover mit brennender Zigarette und merkwürdig blauem Schnaps – also wie die Weiterentwicklung der ehemaligen Pianisten in den dunklen Barräumen. Und genauso klingt „Karma OK“ auch, wie die nächste Stufe, wie die Zukunft, welche uns schon lange eingeholt hat.