Constellation Records / VÖ: 8. Oktober 2021 / Experimental, Electro
jerusaleminmyheart.com
Text: Michael Bohli
Einfach zu verarbeiten war der Auftritt von Jerusalem In My Heart am OOAM 2019 nicht, aber berührend und aufrüttelnd. Dass mit „Qalaq“ einen anderen Weg eingeschlagen wird, war nicht zu erwarten. Das Multimedia-Projekt unter der Leitung von Radwan Ghazi Moumneh ist zurück, um die Welt mit elektronischen und akustischen Tracks aufzurütteln. „Abyad Barraq“ lässt sogleich Kaskaden von Sounds und Lärm vom Stapel, durchzogen von arabischen Instrumenten und Gesängen. Ein Start wie eine Explosion, darauffolgend ruhigere Momente voller Befürchtungen und Trauer.
Das Album „Qalaq“ (arabisch für „grosse Sorgen“) nimmt Bezüge zu aktuellen politischen und sozialen Katastrophen, sei es der Zusammenbruch der Gesellschaft im Libanon oder die geopolitischen Konflikte, welche zunehmen. Musik für den Frieden also, seichte Folksongs sind aber nicht das Ding von Jerusalem In My Heart. Monologe werden mit Effekten versehen, traditionelle Instrumente verzerrt, immer herrscht eine Anspannung („Istashraktak“). Die Hälfte des Albums wird vom titelgebenden Mehrteiler bestimmt, für das viele Künstler*innen ihren Beitrag geleistet haben.
Réka Csiszér, Oiseaux-Tempête oder Tim Hecker, die Liste der Beteiligten ist lang und macht aus allen acht Abschnitten eine klangliche Weltreise. Electronica, World, Experimental und Drones – Jerusalem In My Heart greifen mit ihren Liedern tief in die Seele rein und lassen niemanden kalt. Wie das Covermotiv es aufzeigt, ist „Qalaq“ ein Album, das sich nicht von den Schrecken wegdreht, zugleich aber Schönheit im Dasein findet. Abstrakte Musik, die Melodien und Harmonien nicht scheut („Qalaq5“) und für mehr Gerechtigkeit einsteht.