Merge Records / VÖ: 25. März 2022 / Pop, Disco
ibibiosoundmachine.com
Text: Michael Bohli
Ibibio Sound Machine mit Angélique Kidjo gleichzusetzen und sie als Neugeburt im aktuellen Jahrtausend darzustellen, würde der Leistung der Gruppe nicht gerecht. Sicherlich erinnert vieles an «Electricity» an die legendäre Künstlerin aus Benin, mit dem vierten Werk geht die Gruppe um Sängerin Eno Williams aber viel weiter als bis zum afrofuturistischen Pop. Die zwölf Lieder sind Disco-Maschinen, Tanzhits und elektronisch treibende Highlights.
Es gibt keine Liebe ohne Elektrizität, so der Grundsatz von «Electricity», so die passend energetischen Tracks. «Protection From Evil» beginnt mit herrlichen Melodien aus dem Synthesizer und einem unglaublich sexy Basslauf. Der Gesang ist direkt und furchtlos, Ibibio Sound Machine nehmen den Raum innert wenigen Takten ein und sind selbstbewusst. Das darf rhythmisch beherrscht sein und mit dem Jazz abhängen («Casio (Yak Nda Nda)»), oder wie Róisín Murphy die Disco regieren («Wanna See Your Face Again»). Ja, Hot Chip sind dank der Beteiligung von Al Doyle nie weit entfernt, die Achtziger gehören ebenfalls zum Treiben («Truth No Lie»).
Das wichtigste Element ist aber die afrikanische Verwurzelung der Musik, sei es in den Harmonien oder dem Gesang. Diese Dualität macht «Electricity» unwiderstehlich und ist das Silbertablett, auf dem Ohrwürmer wie «17 18 19» von Ibibio Sound Machine stilsicher serviert werden. Während man sich in der ersten Albumhälfte noch an die Gruppe herantastet, gibt es später kein Halten mehr. Diese Sounds helfen aus der Krise, aus der Tiefe, aus der einsamen Zeit.