Island Records / VÖ: 29. Mai 2015 / Pop, Indie
florenceandthemachine.net
Text: Michael Bohli
Florence Welch sollte keine Einführung mehr benötigen. Spätestens seit 2009 und dem Erscheinen ihres ersten Albums “Lungs” ist die englische Sängerin, Stilikone und Model in aller Munde. Ihre tolle Mischung aus Indie, Rock und Pop, kombiniert mit ihrer vollen Stimme, machte das Album und die Single “You’ve Got The Love” zu weltweiten Hitparadenstürmer. Nach dem zweiten Werk “Ceremonials” mussten die Fans aber geschlagene vier Jahre warten, bis endlich neues Material auf dem Plattenteller landete. Das hat jetzt ein Ende, und die Musikerin macht eigentlich genau da weiter, wo sie aufgehört hat.
Mit dem Eröffnungssong “Ship To Wreck” erhält man alle geliebten Zutaten: Lockere Gitarren, ein Rhythmus zum Tanzen und natürlich die voluminöse Stimme von Florence. Wie gewohnt zaubert sich auch aus den einfachsten Zeilen ein opernhafter Moment. Wenn ihre Stimme dann noch zu einem Chor geschichtet wird, glaubt man an ausserirdische Fähigkeiten.
Doch nicht alles bleibt beim Alten, denn bereits mit “What Kind Of Man” halten die Gitarren mit energischen Riffs und lauten Licks gegen den Gesang an. Florence And The Machine entfernen sich ab hier ein wenig von der bombastischen und orchestralen Lautmalerei des Zweitlings. Eigentlich keine schlechte Sache, hatte die Musik schon immer die Neigung, überladen zu wirken.
Genau diese Wahrnehmung wird leider auch durch den Gesang verstärkt – oder besser gesagt, durch Florences Ausdrucksweise. Ihre Stimme folgt weniger Gesangmelodien, sondern zieht einzelne Silben und Laute auseinander, laut und lang. Das klingt immer sehr gut und intensiv, aber über die Gesamtlaufzeit des Albums kann es auch zu viel werden. Versteht mich nicht falsch, ich bin Fan von ihr und mag ihre Musik sehr. Aber irgendwie füllt sich mein Gehör mit ihrer Stimme auf und muss zuerst wieder Abstand gewinnen, um das Album vollenden zu können. Eigentlich schade, denn die Musik ist vorzüglich aufgenommen und produziert, die Lieder sind abwechslungsreich und wissen ihre Reize einzusetzen.
Dies passt auch zu den Themen in den Songs, welche weltoffen und lebensbejahend sind. Am besten kommen die Zeilen in den eher ruhigen Liedern wie “Various Storms & Saints” oder dem bluesigen “Mother” zur Geltung, welches das Album auch gelungen abschliesst.
Wer mit Florence And The Machine bisher nichts anfangen konnte, der wird auch mit “How Big, How Blue, How Beautiful” kein Fan. Für alle anderen bietet das Album aber gewohnt qualitativ gute Musik, mit einer ausserordentlich talentierten Sängerin. Eine Prise mehr Stadion, etwas weniger Bombast, fertig ist das dritte Werk. Der erwartete Überflieger ist es aber für mich nicht geworden.