Band: Dan Deacon
Album: Mystic Familiar
Genre: Electronica / Pop
Label: Domino Recording
VÖ: 31. Januar 2020
Webseite: dandeacon.com
Als Glückshormone werden populärwissenschaftlich häufig bestimmte Botenstoffe (Hormone, Neurotransmitter) bezeichnet, die Wohlbefinden oder Glücksgefühle hervorrufen können. Das erreichen sie meist durch eine stimulierende, entspannende oder schmerzlindernd-betäubende Wirkung (Wikipedia). Glückshormone durchdrangen mich auch, als ich das erste mal Dan Deacon hörte. An der Bad Bonn Kilbi, ein Wurm aus Händen bildend. Menschen tanzten hindurch, eine Art Wurmpolonaise aus Festivalbesuchern formend. Da ist der Überfluss an Glückshormonenauschüttung schnell hergeleitet.
Sieben Jahre später wirkt das neuste Album desselben Künstlers wie ein begleiteter Wiederaufbau einer verwundeten Seele. So thematisiert Dan Deacon denn auch durch Therapie gewonnene Erkenntnisse. In den besten Momenten stellt sich diese positive Anschauung in ekstatischen Ausbrüchen wie beim Opener ein. In schlechteren Momenten nervt der Platte Motivationssprech. Ich möchte nicht verneinen, dass für Dan Deacon diese Therapie hilft/half. Produktionstechnisch interessant, versteht er es aber leider nicht, sie in lyrischer Form berührend zu rekonstruieren/wiedergeben.
So beginnt die Platte einladend mit Staccato-Keys. Zum ersten Mal in seiner ausufernden Diskographie erklingt Deacons sanfte Stimme. Im Hintergrund vermischen sich immer mehr hyperventilierende Pianospuren zu einem Regenbogen. Sufjan Stevens rückwärts gedacht, quasi. Und überraschenderweise sind all die Instrumente akustische. Dan Deacon schreibt dazu: „During the 4 years over which I composed the songs that became Mystic Familiar, […] I felt raw and vulnerable while making this album, and I wanted the music to reflect that.“ Diese Verletzlichkeit zeigt sich auch in „Arp I: Wide Eyed“, wo Dan Deacon „There’s a darkness in this place“ wiederholend intoniert. Er habe eine Therapie begonnen, erzählt Deacon dazu.
Das Zulassen positiver Gedanken, die wie von ausserhalb erschienen, begann er als „Mystic Familiar“, seinen „own personal supernatural companion“ zu benennen. In den vier Tracks „Arp I – IV“ scheint genau diese Öffnung thematisiert zu werden: Aufregend Neues, Zurechtfinden im offenen Wasser, Integrieren neuer Erkenntnisse. Leider zerfällt im hinteren Teil des Albums die rohe Verletzlichkeit und klatscht auf bitteren, abgestandenen Motivationssprech: „Burn bright (the fire inside is brighter than you think)“. „Feel free (first you must relax before transcend)“. Dieser fade Nachgeschmack, das Erwachen nach dem Rausch, wo alle grandiosen Ideen sich als Hirnfürze erweisen, leider ist dies das Gefühl, mit der die Platte in meinen Hirnwindungen hängen blieb.
Tracklist:
1. Become a Mountain
2. Hypnagogic
3. Sat By A Tree
4. Arp I: Wide Eyed
5. Arp II: Float Away
6. Arp III: Far From Shore
7. Arp IV: Any Moment
8. Weeping Birch
9. Fell Into the Ocean
10. My Friend
11. Bumble Bee Crown King
Bandmitglieder:
Dan Deacon
Gründung:
2003
Text: Charles Grögli