Eigenveröffentlichung / VÖ: 4. November 2022 / Electro, Experimental
casanorarte.com
Text: Michael Bohli
Egal wie experimentell und verschroben ihre Tracks daherkommen, Casanora sollte viel bekannter sein. Mit ihren bisherig veröffentlichten EPs bewies die Künstlerin aus Bern ein grosses Talent für Downtempo mit aneckenden Klangformen, herumschwirrenden Samples und urplötzlich ausbrechenden Beats. Positivität gibt es in ihrer Musikwelt wenig, dafür viel Faszination. Vor zwei Jahren etwa bei «Sadness For Free», jetzt endlich wieder mit neuem Material auf «Electric Water».
Der Abgrund und die Geborgenheit stehen bei Casanora nahe beieinander, «Hell-O» macht dies nicht nur mit dem Namen klar. Die Synthesizer schwirren schleppend umher, die Stimme der Musikerin legt sich darüber, dann zerfällt alles in der kühlen Umgebung und wird von der urbanen Realität eingeholt. Zwar ist Bern kein Moloch wie etwa London, Acts wie Burial lassen sich auf «Electric Water» gleichermassen heraushören. Träumereien sind hier möglich, die persönliche Belastbarkeit wird aber getestet («In My Bones»).
Das Sonar pfeift, die Bässe dringen in die Knochen, wie schwerer Nebel schleichen sich Sounds und Texturen an die Körper heran. Die sechs Tracks auf «Electric Water» bleiben durchwegs hörbar, nie überborden die Versuche, Casanora bleibt beim Songformat. Viel eher scheint die EP zu atmen und davonzufliessen, «Lay Low» und «The Blood Returns» ziehen jeden Club meterweit unter die Erde. Das muss immer wieder betrachtet werden, das ist ein weiterer Triumph im Schaffen der Musikerin.