4. Juli 2020
Werkstatt – Baden
Bands: Tobias Preisig / Valentin Baumgartner / Simon Berz
Es ist wunderbar, dass in der heutigen Zeit noch versteckte Orte existieren dürfen, Lokale, die sich neben dem ausgetretenen Pfad platzieren und nicht in den Vordergrund drängen wollen. Besonders in der Stadt Baden, die sich trotz diesjährigem Wakkerpreis als gesellschaftliches Feld immer stromlinienförmiger zeigt. Der Kulturraum Werkstatt hält seit einiger Zeit dagegen, mit kleinen, aber feinen Veranstaltungen, abseits der Norm – und einem Erscheinungsbild, das sich weder mit Hochglanz noch Modebewusstsein brüsten will.
Valentin Baumgartner, seines Zeichen Gitarrist bei den Bands Extrafish und In Love Your Mother, fügte sich gut in diese Umgebung ein. Inmitten seiner Effektgeräte kniete er am Boden, bespielte die sechs Saiten und liess im Hintergrund Tapeaufnahmen zu Begleitlärm verkommen. Abstrakte Tonfolgen generierte er mit Mund, Finger und Füssen, was zwar selten zu einer fliessenden Version von Musik wurde, in den Geräuschen und Verfremdungen aber viele Reize mit sich trug.
Konkreter und nahe der überwältigenden Schönheit war Tobias Preisig mit seiner Violine schon eher. Der Post-Klassik-Musiker und Mitglied des Duos Egopusher bewies im Kellerraum der Werkstatt, dass die Lieder seines Albums „Diver“ nie langweilig werden, egal wie oft man zwischen den Beats, Flächen und Harmonien eintaucht. Der Auftritt beendete nicht nur für einige Anwesenden eine lange Durststrecke ohne Livemusik, Preisig selbst stand an dem Samstagabend zum ersten Mal seit Monaten wieder vor Publikum.
Dieser Umstand verlieh den Stücken noch mehr Gewicht und Intensität, hinter Tobias Preisig flackerten die Lichter so stark wie unsere Herzen. Ob ein Gutenachtlied als Zugabe oder das stellenweise furiose „Screaming Prophet“ – mit der elektronisch erweiterten Geige durfte man seine geistigen Kreise weit ziehen.
Mit Schlagzeuger Simon Berz (unter anderem Mitglied von Fell) an den Plattentellern wurde der gelungene und anders klingende Abend tanzend und unberechenbar abgeschlossen. Freunde und Familien machten sich auf den Weg ins eigene Zuhause, mit der Gewissheit, dass sich die wahre Kultur niemals unterkriegen lässt. Egal, was noch alles passieren wird.
Text: Michael Bohli