14. Dezember 2019
Werk21 – Zürich
Bands: Box And The Twins / Suir / Das Fortleben
Verlust und Nähe, Dunkelheit und Licht, weisse Binden auf schwarzen Gewändern – die dritte Ausgabe des Sounds From The Heart Festival im Werk21 war emotionaler als die beiden vorangegangen Jahre, eine Lücke hatte sich in der Szene aufgetan. Trotzdem fand man sich in Zürich ein, im Keller zwischen Freunden und Klängen, um das Leben zu zelebrieren, die Musik zu feiern. Sehnsucht als Leitfaden der Nacht, das Herz als Antrieb für alles Kommende.
Ob man in der schwarzen Szene auch von Hattricks spricht, das wage ich zu bezweifeln, trotzdem konnte in diesem Dezember die Trilogie mit grossem Erfolg vollendet werden. Erneut fand man sich in angenehm dekorierten Räumlichkeiten wieder, durfte alten Bekannten und neuen Bands begegnen, fühlte sich wohl. Eine Rückkehr war es auch für Das Fortleben, welche vor etwa zehn Jahren das erste Mal auf dieser Bühne standen. Das heutige Duo gab kein Konzert, sondern eine Performance zwischen Ausdruckslesung, wilden EBM-Beats und Spoken Word. Als Kritik auf unsere Gesellschaft, als Autopsie des Menschen.
Mit Hinweisen auf Kraftwerk und der grossartigen Parole „Respekt, Anstand, Moral“ wurde man vor einen Spiegel gezerrt, der Gedanken und Handlungen entlarvte. Das war fordernd, klanglich und körperlich anders, aber auf jeden Fall ungeahnt. Spätestens jetzt war allen klar, Sehnsucht wurde an diesem Abend anders angegangen als damals bei Schiller. Gut so, denn Kitsch und falsche Emotionen wollte niemand, lieber direkte Akkorde und schnittige Gitarren. Suir, aus Frankfurt stammend, boten genau dies.
Die Musik von Denis Wanic und Lucia Seiss nutzte den Industrial, um ihre Post-Punk-Songs mit noch mehr Kraft aufzuladen. Bässe und Beats sprengten die Steine, in die Lücken preschten die schneidenden Saiten. Eine Trance wurde bewirkt, mit den aufschwellenden Liedern vom Album „Soma“ wiegte man sich kollektiv im Raum. Eine grosse Leistung, ein herrlich düsterer Auftritt – mit flackernden Visualisierungen im Hintergrund, mit streng geschnittenen Frisuren.
Verwuschelter und weniger stringent das abschliessende Konzert von Box And The Twins, erneut ein Duo, erneut aus Deutschland. Mit Box am Mikrofon und Mike an den Gitarren verwandelten die beiden aus Köln den Post-Punk zu einer Fledermaus, Gothic-Anleihen und schwarze Kutten begleiteten die Songs. Mit einem ausdrucksstarken Auftritt und den wachsamen Augen von His Mortal Coil wurden die Lieder des Debütwerks „Everywhere I Go Is Silence“ zu lauten und mitreissenden Momenten. Es schlich sich der Wave ein, die Hoffnung fand ihren Platz.
Was man über das gesamte Sounds From The Heart Festival sagen kann, verlieh diese Feier Kraft und Hoffnung. Die Veranstaltung hat sich in den letzten beiden Jahren nicht nur etabliert, sondern zu einem dunklen Fixpunkt am Jahresende entwickelt. Hoffen wir, dass uns 2020 nicht nur viel schöne Stunden bringen wird, sondern eine vierte Ausgabe.
Text: Michael Bohli