10. August 2019
Kaserne – Basel
Website: openairbs.ch
Bands: Apparat / Vsitor / Baba Zula / Raincoast / Mr. Ray
Durch den Tag brachte das Wetter nicht nur in Basel eine kleine Abkühlung, aber wie gewünscht zeigte sich die Sonne für den dritten und letzten Tag des zehnten Open Airs innerhalb und ausserhalb der Kaserne mit breitem Lachen. Wie auch alle Anwesenden des Festivals, wusste man bereits zu früher Stunde, dass der Abschluss dieses Jubiläums mindestens so gut wie das bisher Erlebte werden würde. Die Frage war nur: Gönnte man sich gleich zu Beginn eine leckere Pizza, machte man es sich lieber in der Leseecke gemütlich oder wanderte man zwischen Stände und Menschen in Richtung Reithalle?
Die Hauptbühne befand sich dieses Mal im Gebäude, was beim Auftritt von Mr. Ray sogleich die Vorteile offenbarte. Zur Musik von Jari Antti, Pablo Thiermann und ihren Musikern gesellte sich nämlich nicht nur eine passende Dunkelheit, sondern violettes und blaues Licht – Eintauchen leicht gemacht. Mit glitzernden Kleidungsstücken und viel Hall wurde der Psychedelic Indie der ersten Scheibe „Interior“ leicht introvertiert aber immerzu schwebend dargeboten. Am besten war der Auftritt der neuen Gruppe immer dann, wenn Synthesizer und Gitarren sich in instrumentalen Passagen verloren. „Handmade Teleportation“, mit viel Blicke über die zeitliche Schulter.
Die Vorteile eines Open Air unter freiem Himmel vergass man bei dieser Ausgabe trotzdem niemals, denn wohin hätten Raincoast aus Basel besser gepasst, als auf die MIDW-Bühne, zwischen Rasentänzerinnen und Sonnenstrahlen? Proklamiert ihre EP den „Endless Summer“ schliesslich bereits im Titel, mit leichten Melodien und viel Pop. Und da die Musiker dem Festivalwunsch gefolgt waren, gab es eine wunderbare und vielleicht einmalige Kollaboration mit Vsitor. Neue Musik, neue Freunde, gute Laune – Open Air.
Mit ihrem „Oriental Dub“ wärmten BaBa ZuLa gleich einmal die Reithalle auf. Schrill gekleidet betraten die vier Herren die Bühne und liessen ihren psychedelischen Rock mit klassischen türkischen Instrumenten wie Saz, Darbuka & Co. auf das Publikum los. Dieses nahm auch begeistert den Tanz auf, so gut das in unseren Breitengraden eben geht (aber es geht nicht sehr gut, wie uns die Band erläuterte). Trotzdem liessen sie sich einen Spaziergang durch die Menge nicht nehmen, und für ein paar Minuten sass die ganze Halle still lauschend auf dem Boden. Länger ging das aber nicht, und schon rissen einen die orientalisch-psychedelischen Beats wieder auf die Beine, bis man verschwitzt die Halle Richtung MIDW-Stage verliess.
Es war schwierig, sich nach dieser östlichen Tour de Force mit den Gedanken sofort im Indie-Pop von Vsitor aus Berlin und der Schweiz zurechtfinden zu können. Sängerin Lea Maria Fries spielte gekonnt die Sirene und bot eine ausdrucksvolle Leistung inmitten von Bässen und Synthesizern. Mit einer kühlen Grundstimmung und genügend Liebenswürdigkeit mischte die Gruppe treibende und schwelgerische Passagen, wie ein angenehmer Wind in dieser warmen Sommernacht. Das füllte nicht nur den Platz vor der MIDW-Bühne aus, sondern auch die Seelen der Anwesenden.
Den Abschluss des diesjährigen Open Air Basel machte in der Reithalle Sascha Ring a.k.a. Apparat. Der Electronica-Musiker – der zusammen mit Modeselektor auch die Band Moderat bildet – ist derzeit mit seinem neuen Album „LP5“ unterwegs, einem vielseitigen, mal ruhig und fordernden, mal treibenden Werk. Wunderbar war es, dass die Musik auch live von einem Streicher und einem Bläser begleitet wurde; ebenbürtig teilten sie sich die Bühne mit Synthesizer, Schlagzeug und Gitarre. Der zarte Gesang von Ring bildete den Kontrapunkt. So reiste man zwischen zurückhaltenden Melodien und wuchtigen Club-Beats umher, lauschte andächtig oder tanzte sich frei. Doch so ganz versinken liess es sich nicht in der Musik – nicht wie bei früheren Alben, die zwar weniger Bombast, aber mehr Emotion auf die Bühne zu transportieren schienen. Vielleicht müssen die Musiker sich einfach noch in dieses neue Setting einfinden.
Und ja, lieber Sascha: Du hast schon einmal in Basel gespielt, und zwar genau auf dieser Bühne – und es war einmalig!
Was teilweise etwas mehr Besucherinnen und Besucher hätte vertragen können, das war von den musikalischen und gestalterischen Standpunkten her erneut ein voller Erfolg. Zum zehnten Mal durfte man sich am Open Air Basel bereichern lassen, mit Bands und Künstlerinnen, die man wohl andernorts niemals entdeckt hätte, mit einer offenen und respektvollen Umgangsweise. Bigger is better? Nein, niemals hier bei der Kaserne.