Galsh + Conny Frischauf+ Daisy Sane+ Elvis Aloys
Diverse Lokale – Baden
Samstag, 8. Oktober 2022
Text: Michael Bohli
Es gibt sie weiterhin, diese Momente der Heimkehr, dieses wohlige Aufatmen. Denn obwohl der Kulturbetrieb nach der Zwangspause wieder auf Hochtouren läuft, mussten Freund:innen des One Of A Million Festival in Baden bis zu diesem Wochenende Geduld beweisen. Lohnend, denn die Veranstaltung kehrte mit einem zweitätigen Sonderprogramm zurück und nannte sich formvollendet OAODOAM 22.
One And One Day Of A Million, das Zusammenkommen von bekannten Gesichtern und neugierigen Menschen, am Samstag sogar mit dem bekannten Modus, nach jeder Darbietung spazierend zu einer neuen Lokalität zu wechseln. Und weil es ein grauer Nachmittag war, passten die warm beleuchteten Innenräume und oft sanften Klänge sehr gut. Im Atrium des Hotel Blume eröffnete Elvis Aloys aus Vevey den Klangreigen mit Loops aus Brunnengeplätscher und Pfeifen. Die Umgebung und die Musik verbanden sich, Stücke vom Album «About My Family» wurden mit unveröffentlichten Liedern ergänzt.
Mit Querflöte, Casio-Synthie und Drummachine wurde Lo-Fi zelebriert, Elvis Aloys pendelte mit seinem Weirdo-Pop zwischen Alleinunterhalter an zerfranster Cocktailparty und experimentellen Stunden im Schlafzimmer. Der pointierte Schluss mit der Blockflöte blieb bis zum nächsten Halt im Kopf hangen. Im Bad zum Raben war Daisy Sane aus Lausanne an der Reihe, alleinig mit ihrer elektrischen Gitarre nebst dem Becken voller Thermalwasser.
Ihre intimen Songs wurden zu einer Oase der Ruhe, währenddessen sich die Besucher:innen des Konzertes in Socken oder Barfuss durch die Gänge und Räumlichkeiten bewegten. Es war ein Suchen und Erforschen, ein Genuss und Wegdriften. Trotz der Sanftheit wurde man von der jungen Singer-Songwriterin in eine neue Umgebung transportiert.
Zeit, die Altstadt von Baden zu durchschreiten und bei der Sebastianskapelle Halt zu machen; Besuch aus Wien war angesagt. Mit ihrem Sequenzer, Loopgeräten und vielen Kabel und Knöpfen lud Conny Frischauf zu einer krautigen Electronica-Messe ein. Immer kurz vor dem Auseinanderfallen, war die Darbietung ein Blick zurück auf das Album «Die Drift» und zugleich ein improvisiertes Ausdehnen.
Stücke wie «Auf Wiedersehn» und «Fenster zur Straße» sorgten für Jubel und Tanz, die Technik suchte stellenweise ihre eigenen Wege und liess nicht nur die Wörterwahl von Conny Frischauf abenteuerlich erscheinen. Eine sehr erfrischende und direkte Darbietung, nach der man beschwingt zum E-Punkt wandelte.
Im Empfangsbereich der Regionalwerke hatten sich Galsh bereits aufgestellt und brachten ihren energiereichen und sorglosen Sound nach Baden. Die junge Gruppe aus Vevey spielte sich ohne Rücksicht auf Konventionen durch jazzige Punksongs, demontierte den Shoegaze mit erfrischenden Interpretationen von «Porque te vas» und Alizée, und entkräftete Trauma aus dem Deutschunterricht mit neu genutzten Liedern von damals.
Eine ansteckende Darbietung mit Gesang in Französisch, Spanisch, Englisch und Deutsch, eine Rhythmusfraktion voller Kraft. Galsh waren für uns den perfekten Schlusspunkt eines musikalisch losgelösten Tages am OAODOAM 22. Der Februar mit dem grossen Festival darf kommen.