23. August 2019
Diverse Lokale – Aarau
Bands: Andrea Bignasca / Priya Ragu / Altin Gün / King Pepe & The Queens / Lucy Four
Website: mida-aarau.ch
Nicht wenige dachten wohl dasselbe, als sie mit Freunden und Bekannten durch die Gassen der Aarauer Altstadt spazierten: Musig i de Altstadt ist klar der bessere Maienzug. Entspannte Stimmung, viele fröhliche Begegnungen und natürlich, an jeder Ecke ein Konzert und musikalische Begleitung. Wie seit vielen Jahren wusste das OK auch in der Ausgabe 2019 ein Programm auf die Beine zu stellen, dass nicht nur viele Geschmäcker zu bedienen vermochte, sondern die heimische Szene in schillernden Facetten aufzeigte. So war es normal, verpasste man viele Shows und musste seine Pläne früh über den Haufen werfen.
Der Start auf dem Schlossplatz war aber für alle gleich: Nachdem man in der Markthalle bereits die Vinyl-Disco genossen hatte, trafen sich alle Besucher bei schönstem Wetter vor der Hauptbühne, um Andrea Bignasca und seine Band bei der Zelebration von emotionalem Bluesrock beizuwohnen. Der Sänger und Gitarrist aus dem Tessin brachte sein Album „Murder“ und den Southern Rock nach Aarau, genial gesungen, verausgabend gespielt. Nicht einmal eine bandagierte Hand konnte diese Wucht stoppen.
Intimer, oder besser gesagt enger war es danach im Stadthöfli neben der Tuchlaube, die R’n’B-Soul-Sängerin Priya Ragu aus Zürich lockte jung und alt an ihren Auftritt. Mit DJ und Backgroundsänger liess die Musikerin alle unter der hübsch beleuchteten Fassade in ihre Welt aus sanftem Pop und klanglichen Umarmungen eintreten. Selbst stehend oder am Keyboard, immer voller Freude, die urbane Szene der Schweiz ist wieder interessanter geworden.
Exotisch wurde der Schlossplatz danach von Altin Gün bezirzt – türkischer Psychedelic Rock aus Holland, multikulturell und immer schwebend. Die Band füllte mit ihren Harmonien und Gesängen den Bühnenraum herrlich aus, liess die Scheinwerfer noch intensiver strahlen und lockte auch in den hinteren Reihen die Tänzer aus ihrem Versteck. Perkussion und Synthesizer im Verband mit dem Folk, mehrstimmige Gesänge für mehr Lebensfreude.
Die zappelnden Glieder nahm man gerne mit zu King Pepe & The Queens, welche nach einem etwas zu langen Soundcheck vor dem Waldmeier bewiesen, dass Mundart-Pop, Electronica und Dadaismus sehr wohl zu einem gesunden Ergebnis führen können. Pointierte Texte und tiefe Bässe, modulierte Stimmen und zerzauste Haare, hier galt ganz klar „Karma OK„. Egal ob gewisse high waren oder nicht, “Au die fründliche Lüüt” durfte man ohne Ironie laut mitsingen – Freunde waren alle.
Hitziger und mit viel Körperkontakt ging es zur gleichen Zeit im Butcher Street Pup zu und her, Zofingen überfiel die Kantonshauptstadt mit sexy Hard Rock: Lucy Four liessen Haare und Glieder kreisen. Die vier Mannen spielten sich nicht nur selber aus den Kleidern, sondern rumpelten wie gesalzene Höllenhunde über die kleine Bühne. Die Songs von „Burn In Paradise“ funktionierten wunderbar, das Publikum genoss die klassische Rockkeule.
Und wer danach noch Energie und eine Möglichkeit fand, sich in das Jojo zu begehen, der sehnte sich nicht nur nach einem „Lädersofa“, sondern tanzte minutenlang durch die „Crèmeschnitte„. KUBA brachten ihren „geilen Scheiss“ mit und boten damit einen frechen Gegenpol zum Garage Rock von Odd Couple.
Ja, leider hat man trotz diesen tollen Konzerten noch vieles andere verpasst, wie die Open Stage vor der Krone, den Jam an ebendiesem Ort, die ausdrucksstarken Meinungen von Kaufmann oder das Rave-Gewitter bei Coma. Wie der Abend am Ende auch aussah, unzufrieden war niemand, Musig i de Altstadt war ein sommerlicher Traum.
Text: Michael Bohli