29. September 2017
Diverse Orte – Zürich
Bands: Tobias Preisig / Schnellertollermeier / Soccer96 / In Girum / IOKOI & ARIA
Ein einzelner Funke reicht aus, um Welten zu verschmelzen, die man danach nie mehr trennen möchte. Ob man dazu mit Streichhölzern agiert oder Sicherungen durchbrennen lässt, beim Festival Match & Fuse ist alles möglich und vieles erlaubt. Seit fünf Jahren steht die Vereinigung dafür ein, in Europa eklektische Bands und Künstler zusammenzuführen und die experimentelle Kreativität zu zelebrieren. Jetzt endlich hat es das Fest auch nach Zürich geschafft. Gleich an drei Abenden werden Gesprächsrunden, Konzerte und Jamsessions angeboten, immer mit einem Fuss im gesunden Wahnsinn.
Wenn es an etwas am Freitagabend im Moods und der Laborbar nicht mangelte, dann waren es gespielte Noten. Woraus andere Bands wohl Jahrzehnte an Alben schöpfen würden, reichte bei den hier spielenden Formationen für kurzweilige Stunden an den Instrumenten. Tobias Preisig, Lokalmatador und eine der beiden Hälften des Duos Egopusher, eröffnete die Nacht mit einer Solodarbietung an der Geige. Verändert, erweitert und verzaubert mit Gerätschaften und Basspedalen klang seine Musik mal bedrohlich wie der Chorgesang des Monolithen in „2001“, dann wieder wie eine ferne Stimme in der arabischen Wüste.
Feinste Berührungen an den Saiten wurden brummend durch das Moods getragen, mal wild dann wieder hypnotisch – das Streichinstrument wurde zu einem wundersamen Klangkörper. Diese Art der entrückten Verzauberung nutzten auch die zwei Frauen von IOKOI & ARIA, welche mit Videoprojektionen, Synthies und Gesang Lieder aufbauten, die eine düstere Björk auf die psychedelischen Flüsse von The Legendary Pink Dots treffen liess. Zwischen Performance, Installation und Auftritt parkiert wanderte das Duo zwischen Pop und Absturz und machte die Besucher zu einem wichtigen Bestandteil des Auftrittes.
Wer mit dieser Rolle etwas überfordert war, der fand bei den Schweizern Schnellertollermeier eine Darbietung, die vor allem zum Zucken und Staunen einlud. Das Trio musizierte sich mit extremer Präzision, unendlicher Energie und grosser Spielfreude durch instrumentale Lieder, die sogar Frank Zappas Schnauz gezwirbelt hätten. Mit Gitarreneffekten wie bei Battles, einem göttlichen Bassspiel und unermüdlichem Schlagzeuger wurden lange Lieder perfekt auf- und abgebaut. Schwarzer Jazz mit feinen Strukturen, ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.
Da war es fast entspannend, dass mit Soccer96 aus England und In Girum aus Frankreich dann zwei Duos folgten, die sich auf Synthie und Schlagzeug beschränkten. Wobei am Match & Fuse ja einzelne Instrumente ausreichen, um alle Konventionen zu sprengen: So galt es hier die Fahne der Polyrhythmik hochzuhalten, gleichzeitig aber die Realität mit langen Liedern und flächigen Melodien zu verwischen. Soccer96 tummelten sich mit ihren Songs näher am Club, scheuten weder vor Vocoder noch bunten Farben zurück. Dies führte zu langen Gedankenflügen und einem Trancezustand beim Tanzen.
In Girum lauerten danach auf der dunklen Seite der Gasse und mischten vor allem Direktheit und kühlen Druck in die Musik. Auch wenn eine solche Masse an Musik etwas überfordern konnte, mitreissend und fesselnd war auch dieser im Halbdunkel gespielte Auftritt. Was perfekt passte, halten sich doch alle Künstler und auch die Initianten dieses Festivals gerne in Zwischenwelten auf und suchen in den Mischmengen die Erlösung. Als Besucher fand man diese am Freitag mindestens einmal pro Stunde und Konzert – und musste vor Genialität der Musik immer wieder glücklich lachen. One down, one to go.