26. Mai 2017
Royal – Baden
Bands: Egopusher / Faber / Autisti
Welch Wonne dieser Anblick, ein altes Kino voller freudiger Menschen, eine Bühne voller talentierter Künstler und ein Zusammensein für alle Altersklassen – und dieser wunderbare Kulturort soll Ende Jahr zum Baubüro umgenutzt werden? Politik und Wirtschaft geben sich manchmal schon der puren Idiotie hin, nur um die Kontozahlen hoch zu halten. Umso wichtiger war es, dass der diesjährige Saisonabschluss im Royal in Baden richtig kräftig gefeiert wurde. Dank einem grossartigen Programm und ausverkauftem Haus war dies am ersten Abend auch überhaupt kein Problem.
Denn schon früh füllten sich die Ränge und Tanzflächen im ehrwürdigen Gebäude, und vor dem Haus wurde angestanden und fröhlich geplaudert. Hoffentlich nicht zu lange, denn wer die erste Band verpasst hat, der wird nie wissen, wie sich ein Wirbelsturm anfühlt. Autisti aus der Westschweiz sind nicht nur die neue Gruppe von Louis Jucker und Emilie Zoé, sondern auch eine Neutronenbombe des kaputten und unnachgiebigen Lo-Fi-Rock. Schweiss, Verzerrungen und umgeworfenes Schlagzeug – wenn dieses Trio spielt, dann gibt es nur die Vorwärtsbewegung. Ein solches Durchdrehen kann nur gesund sein.
Kein Wunder fühlte sich die Luft im Saal danach wie in einer Sauna an – und die Stimmung heizte sich nur noch weiter auf, betrat schliesslich Faber als nächster die Bühne. Mit etwas umstrukturierter Band und auch neuen Songs zeigte der Zürcher Musiker, dass man kernig gesungene Texte und hart angeschlagene Saiten perfekt mit Balkan-Beats und Klavierzaubereien verbinden kann. Schnell war auch klar, dass viele Besucher vor allem für diesen Auftritt nach Baden pilgerten, denn nun platzte der Kulturort wahrlich aus allen Nähten.
Glücklicherweise konnte man sich immer wieder draussen an der frischen Luft abkühlen und somit genügend Energie für den Abschluss mit Egopusher aufsparen. Das Duo, bestehend aus Violinist Tobias Preisig und Schlagzeuger Alessandro Giannelli, zeigte in langen, eskalierenden und immer perfekt tanzbaren Songs, dass Kammermusik und lauter Techno sehr wohl zusammengehören. Gleichzeitig bewiesen sie, dass ihre Musik live einfach viel wuchtiger daherkommen darf als ab Platte, und auch der neuste Track „Patrol“ wuchs zu einem kolossalen Wesen heran.
Dank perfekt passender Untermalung mit Visuals auf der Leinwand und vielen bewegungsfreudigen Gästen fand der erste Abend des zweitägigen Fête Royal somit ein schönes und durchnässtes Ende. Und jetzt soll mir noch einmal jemand sagen, Kultur sei unwichtig und dieser Raum könne für sinnvollere Zwecke genutzt werden. Diese Krone bleibt, wo sie ist!
Text: Michael Bohli