Les Disques Bongo Joe / VÖ: 13. November 2020 / Lo-Fi, Pop
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Text: Michael Bohli
Auch 2020 lernte man trotz den Widrigkeiten Neues, wie über die Existenz von Drone-Pop. Elias Raschle aus Biel spielt seit 2014 als Augenwasser diese Unterart von Musik, in einem stimmungsvollen Zustand zwischen Wach- und Tiefschlafphasen. Verrauscht und im Hintergrund die Stimme, Instrumente und Melodien werden von Verfremdungen überlagert, eine weiche Stimmung entsteht. Das Album „Sleepdancer“ vergisst die dringenden Umstände trotzdem niemals, erfasst die Sorgen mit den rohen Sounds, geniesst das Leben mit den aufblühenden Melodien.
Resultierende Kombinationen wie „Work Wait Work“ erhalten von Augenwasser ein befremdendes Gefühl, man meint gleichzeitig eine fremde Person, wie den besten Freund vor sich zu haben. John Maus geht ähnlich vor, inkorporiert dazu allerdings die Ideen des Barocks. „Sleepdancer“ ist moderner, nutzt Beats und Synthesizerspuren für schillernde Situationen, Raschle gibt den Crooner und Verführer („Back To Daylight“). Da passen die Zwanzigerjahre dazu („Born On A Saturday“), da taucht man in Fantasien der Achtziger ein („Need A Fix“).
Wegen seiner ätherischen Form ist das Album „Sleepdancer“ etwas schwierig zu greifen, lässt man sich von den Klangschwaden umfassen, ist die Begegnung mit Augenwasser belohnend. Die Experimente und Figuren in den Takten verschieben die Genregrenzen stets, wie betäubt schwankt man durch Teile der Songs. Nur schade, entlässt uns „Dead Of Night / Running Away“ nicht auf eine kuschlige Wolke, sondern in die harsche Realität.