Radicalis / VÖ: 21. August 2020 / Pop, Electro
annaaaron.com
Text: Michael Bohli
Auf dem Fluss immer weiter in die Dunkelheit, immer weiter in die Überheblichkeit. Die Novelle „Heart of Darkness“ von Joseph Conrad thematisierte nicht nur die Praxis der Kolonialisierung, sondern zeigte die düsteren Seiten der Menschen. Intensiviert wurde diese Darstellung durch die Verfilmungen, am bekanntesten das Werk „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola. Egal welche Form gewählt wurde, der interne Kampf und die reflektiven Konflikte waren immer das Zentrum der Geschichte. Daran ändert sich bei der EP von Anna Aaron nichts.
Die Basler Künstlerin legt mit den fünf Songs eine neue Veröffentlichung vor, die stark mit dem letztjährigen Album „Pallas Dreams“ verknüpft ist. Nicht nur stammen die Lieder aus der gleichen Aufnahmesession, sie hantieren mit teilweise ähnlichen Stimmungen. Trotzdem gibt sich Anna Aaron bei „Heart of Darkness“ als konträre Figur, werden hier vor allem die tiefgreifenden Überlegungen an die Oberfläche gebracht. „Into the Heart of an Immense Darkness“ startet die EP ruhig und zurückhaltend, eine Spielart, die sich durch alle Tracks zieht.
Es gibt keine lauten Bässe und wilden Synthesizerläufe, sondern ernste Fragestellungen und Selbstspiegelung. Das geschickte Songwriting und die emotionale Präsentationsweise von Anna Aaron verhindern eine zu grosse Schwere, „Drive“ leuchtet immer wieder auf, „Changes Summer Made“ verbindet Sehnsucht und Hoffnung. Und natürlich bleibt die wundervolle Nähe zum Pop erhalten, davon zeugt nicht zuletzt das tolle „I Know Baby“. Somit ist „Heart of Darkness“ mehr als bloss ein später Nachschlag.