Dead Oceans / VÖ: 31. Januar 2020 / Indie Rock
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Text: Michael Bohli
Nein, wir haben uns noch nie getroffen, aber das ist nicht dein Problem Dan Bejar. Denn seit 1995 gibst du dir Mühe, die Welt als Destroyer mit deinen schrägen, ungeraden und lakonischen Gesängen etwas verrückter und schöner zugleich zu gestalten. Mit „Crimson Tide“, dem ersten Lied auf dem dreizehnten Album „Have We Met“ erreichst du dies so gut, dass ich dir alle Preise der Welt überreichen möchte. Da steckt Hoffnung in deinen Zeilen, da ist Hitze im genialen Basslauf, da ist Leichtigkeit in der Keyboardmelodie.
Natürlich folgt mit den neun weiteren Stücken nicht weniger Grösse, Destroyer sind im eigentlichen Sinne nur noch Bejar, spielen hier aber zu dritt auf. Ohne direktes Konzept, dafür frisch und ungezwungen. Nic Bragg ergänzt das Gerüst aus Elektronik und Worte mit seiner verzerrten und unberechenbaren Gitarre, John Collins nutzt Perkussion und Tasten gleichermassen. So blieb die Essenz des Projekts immer vorhanden, durfte ohne schlechtes Gewissen in neue Richtungen gedrückt werden. Die Konstante: Lieder, in denen sich plötzlich Abgründe auftun, in denen Stacheln auf Harmonien wachsen, in denen Ehrlichkeit an erster Stelle steht.
Bejar will niemanden täuschen, niemanden mit falschen Hoffnungen in die Fallen tappen lassen. Als Crooner des 21. Jahrhunderts formuliert er Sätze aus, die auf Metaphern pfeifen und sich sogar selber relativieren („The Raven“). Das ist erfrischend und dem Alltag nahe, dank den Flächen und Effekten trotzdem genügend verträumt. Brillant durch das Songwriting, Destroyer glänzen mit „The Television Music Supervisor“, „Cue Synthesizer“, „It Just Doesn’t Happen“ und eben dem scharlachroten Beginn. Für eine immer wiederkehrende Begegnung.