28. September 2019
Oxil – Zofingen
Website: kunstadapter.ch
Bands: Pyrit / Bob Spring & The Calling Sirens / Simon Berz / Jérémy Chevalier / Omni Selassi / Rumori / Mike Häfliger
Sesshaft für einen Tag, einen Abend, und dann bereits wieder weg. Die mobile Plattform Kunstadapter machte einen selbstbezogenen Stopp in Zofingen und feierte beim Kulturlokal Oxil mit LUX den fünften Geburtstag. Für verschiedenste Zwecke einsetzbar und bereits an viele Veranstaltungen gebucht, war der kleine Lastwagen mit der eingebauten Bühne an diesem Samstag aber nur ein Aspekt eines grossen Fests. Die Gründung des Netzwerkes VALO, welches freie Kunstschaffende im Aargau zusammenbringt, wie auch die Neu- oder Wiederentdeckung des regionalen und heimischen Kreativschaffens waren zentrale Anliegen. Interdisziplinär und mit grossem Areal, auf Bühnen und einem Hangar, zwischen Feuer, Bildprojektion und Funkenregen.
Nicht immer half da der Lage- und Zeitplan aus, LUX als Fest bot überschneidende Darbietungen, welche von den Besucherinnen und Besuchern nicht nur Neugierde, sondern auch Entscheidungen verlangten. Ein weiteres Bier in geselliger Runde mit Künstlerinnen und Freunden, oder doch lieber betörende Schallwellen und flackernde Lichter? Das gute an diesem Abend: Falsch war unmöglich, Durcheinander sowieso wohlschmeckend. Gespiegelt wurde die eigene Persönlichkeit in den musikalischen Portraits von Hertz, gefordert die Sinne bei der elektronischen, minimalistischen und leicht bedrohlichen Performance von Rumori und den Tänzerinnen.
Viel zu Deuten und Erfahren bot der Auftritt von Livio Beyeler mit der Kanti Zofingen im Drehgleis, dahinter leuchteten und schwankten die die aufgeblasenen Skulpturen von Livia Müller. Als die Nacht sich langsam über das Gebiet um das Oxil legte, verhalfen die Installation, die gewaltige Holzkonstruktion von Roman Sonderegger und diverse Projektionen dem Anlass zu einer mystischen Stimmung. Passenderweise zogen dann die Drachenbändiger durch die Stadt und führten noch mehr Leute vom Kunsthaus zum Anlass, es wurde gestaunt, diskutiert und gelacht. Und getanzt, besonders im Saal des Lokals.
Aus Bern angereist, bot das Trio Omni Selassi (Rea Dubach, Lukas Rutzen, Mirko Verduno) eine fesselnde Neuentdeckung zwischen rhythmisch treibenden und emotional sinnlichen Liedern. E-Harfe, Gitarre, zwei Schlagzeuge und viele Effektgeräte und Gegenstände fanden im Verband zu einem hypnotischen Konzerterlebnis zusammen, das den Körper bewegte und die Gedanken erleuchten liess. Fantastisch gespielt, meisterlich komponiert. Unaufhaltbar und voller Möglichkeiten dann auch das neue Set von Schlagzeuger Simon Berz, der nicht nur neue Musik aufführte, sondern erneut sein grosses Talent unter Beweis stellte. Zuerst verhüllt und zaghaft, dann wie ein Berserker und zwischen Tuchfetzen.
Bekanntes und Bewährtes gab es beim Gitarristen Mike Häfliger, der den Aussenbereich mit psychedelischen Jams in einen Traumzustand tauchte, und bei Bob Spring & The Calling Sirens. Die Band um den umtriebigen Musiker zelebrierten den Blues Rock, vermengt mit Dark Country und gruseligen Projektionen. Spinnen krabbelten durch die Takte, staubige Wolken wehten zwischen den Saiten umher – die Unterwelt streckte ihre Finger nach den Anwesenden aus. Was Emmanuel Michaud als Sprungbrett für seine Horror-Songs nutzte, in denen pochende Beats und tiefe Bässe auf Beschwörungen stiessen.
Auch beim letzten Konzert, welches bis nach Mitternacht andauerte, galt es vor allem, seine Seele den Schatten hinzugeben. Pyrit aus der Ostschweiz verliess seine aktuelle Heimat Paris und liess die Grenze zwischen Menschen und Maschine mit Liedern von seinem Album „Control“ nichtig werden. Hier vergass man sich im Raum, das blaue Licht versengte die Augenlider, Dystopien bildeten sich in der Musik. Ein lauter und intensiver Abschluss eines wunderbaren Festes, an das sich noch viele Leute lange erinnern werden. Die Kunstszene lebt auch ohne elitäres Verhalten, was sich bei den, auf Art-Basel-Katalogen explodierenden Böllern klar zeigte.
Text: Michael Bohli