In My Room / VÖ: 27. September 2019 / Electro, Pop, Wave
trentemoller.com
Text: Michael Bohli
Schon immer waren die Grenzen zwischen Pop, Electronica und düsterer Clubmusik beim Dänischen Produzenten und Musiker Anders Trentemøller verwischt und je nach Stimmung überhaupt nicht mehr zu erkennen. Mit dem Album „Fixion“ bewies er 2016, dass sein Songwriting mit Gastsängerinnen sehr schnell zu einem eingängigen und gar im Wave angesiedelten Projekt werden kann. „Obverse“ unternimmt ähnliche Schritte und bietet als Album ein trotzdem kohärentes Gefühl, mit leicht bedrohlicher Stimmung und düster pochenden Synthesizern.
Herrlich wie viel Noise und Schwärze in „One Last Kiss To Remember“ herrscht, ein Lied das sich den Post-Punk unter den Techno mischt und die Liebe zu den Saiten bei Trentemøller neu belebt. Viele Punkte bei „Obverse“ sind eine geschickte Mischung aus elektronischen und digitalen Mitteln, welche auf Stimmen, Instrumente und handgemachte Klänge stossen. Das wirkt oft rau und unzähmbar, gerade durch die Einlagen von Jenny Lee (Warpaint) oder Rachel Goswell (Slowdive) – wodurch niemals Gefahr einer Männerdomäne besteht. Positive Schwingungen verspürt man, auch wenn sich die Lieder in Nebel hüllen.
„Try A Little“ schimmert als Tautropfen über der Melancholie, „Church Of Trees“ begnügt sich mit minimalistischen Beats und Flächen. Wobei Trentemøller es immer wieder vollbringt, seinen Tracks eine Spannung zu verleihen, die aus wenigen Schichten grosses kreieren. Leicht sakral bei „Trnt“, hoffnungsvoll schimmernd und dann in den Krautrock driftend bei „Foggy Figures“. „Obverse“ ist somit ein Universum, ein Mikrokosmos und voller ungeahnter Wendungen – Trentemøller beweist erneut eine vielfältige Weitsicht.