22. September 2018
Im Gespräch mit: Ryan Lott (Gesang, Instrumente), Rafiq Bhatia (Gitarre) und Ian Chang (Schlagzeug) von Son Lux.
Der Sohn des Lichtes steigt herab und bringt uns die experimentelle Kunde der neuen EP „Yesterday’s Wake“ – eine Erweiterung zum diesjährigen, bereits fünften Album „Brighter Wounds“ der amerikanischen Band Son Lux. Wie es sich für das Trio gehört, werden munter die Stile und Emotionen gemischt, sowie die Popmusik über ihre Grenzen hinausgestossen.
Toll auch, kehren die Musiker dafür am Montag, 24. September 2018 in die Schweiz zurück und werden mit ihrer Musik das Salzhaus in Winterthur begeistern. Mehr als Grund genug, um den Herren einige Fragen zu stellen.
Tickets für das Konzert gibt es bei Starticket.
Michael: Ryan, Son Lux begann als dein persönliches Projekt, jetzt ist es eine Band. War die Transformation natürlich?
Ryan: Es war eine überraschend natürliche Entwicklung. Ich gründete die Band für die Tournee von „Lanterns“, dem dritten Son-Lux-Album. Die Songs für die Bühne neu zu erfinden, war ein kreatives Unterfangen, an dem wir alle teilnahmen. Also war das gemeinsame Schreiben ein natürlicher, nächster Schritt. Letztendlich fühlte sich unser gemeinsames Potenzial enorm an und rechtfertigte eine Veränderung der Identität von Son Lux von selbst.
Die Songs auf „Brighter Wounds“ und der neuen EP sind voller Schichten und Ideen. Ist das der Gegenentwurf zu unserer schrumpfenden Aufmerksamkeitsspanne?
Rafiq: Nährstoffreiche Musik ist nichts Neues. Aber die „Brighter Wounds“-Sammlung von Songs fühlt sich für uns eigentlich eher wie eine Destillation an. Viele Ideen, die wir zuvor erforscht haben, erscheinen hier kristallisiert, in einer wesentlicheren Form.
Mit „Yesterday’s Wake“ fahrt ihr fort und vervollständigt das Album. War das immer die Absicht? Ist diese Reise dazu bestimmt, einen Abschluss zu finden?
Rafiq: Obwohl wir Musik in Alben- und EP-Längenformaten veröffentlichen, beginnen wir die Arbeit normalerweise nicht mit solchen Zielen. Vielmehr bewerten wir das Material regelmässig nach der Art und sehen, was zusammen gehört. Es war nicht immer unsere Absicht, diese Songs als eigene, in sich geschlossene Veröffentlichung zu publizieren. Aber es ist das, was uns am Ende richtig vorkam.
Neben Songs mit Texten schreibt ihr auch instrumentale Lieder. Braucht man eine Stimme, um die Gefühle auszudrücken?
Rafiq: Wie du vielleicht vermutest nicht immer, aber manchmal. Aber beim Musizieren geht es nicht immer darum, unsere Gefühle auszudrücken und selbst wenn es so ist, müssen nicht unbedingt alle Elemente zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Zum Beispiel können der Text und die Musik manchmal gegeneinander arbeiten, was zu einer Spannung führt, die wir dem Hörer vermitteln wollen.
Ein weiterer Grund, warum wir Texte mögen ist, dass sie Teil der beliebten Songform sind, die einen erkennbaren Bezugsrahmen für Menschen bietet. Und je vertrauter man mit dem Bezugsrahmen ist, desto weiter kann man Dinge vorantreiben, ohne die Hörer zu verlieren.
Eure Songs erinnern mich an Sufjan Stevens, Xiu Xiu oder Perfume Genius. Welche Künstler inspirieren euch?
Rafiq: Hier einige, deren Namen mit „M“ beginnen: Madlib, Mahalia Jackson, Marc Ribot, MF DOOM, Milford Graves, Minnie Ripperton, Miles Davis, mmph, Morton Feldman, Moses Sumney, Musthapa Tettey Addy und MXXWLL.
Du lebst in Los Angeles, aber deine Musik ist introvertiert und oft dunkel. Wie erlebst du den Alltag in LA?
Ryan: Ian lebt momentan in Dallas, und Rafiq ist in Brooklyn – wo wir alle gelebt haben, als wir die Band gegründet haben – und nur ich lebe in L.A. Meine Frau und ich bekamen ein Baby, nur wenige Monate nachdem wir nach L.A. gezogen waren, und wow, all der Sonnenschein war ein Segen. Wenn man tagelang nur ein paar Stunden schläft, sind warmes Wetter und viel Sonne Lebensretter.
Eure Musik wird manchmal als Future Pop bezeichnet. Wird es ein paar Jahre in der Zukunft Mainstream sein?
Ian: Ich bin mir fast zu hundert Prozent sicher, dass unsere Musik in Zukunft zu keinem Zeitpunkt Mainstream sein wird. Etwas, das wir drei anstreben, ist Musik zu machen, die anders klingt als das, was bereits existiert. Natürlich haben wir unsere Einflüsse, aber wir sind sehr erpicht darauf, etwas zu machen, das sich wie eine neue Idee anfühlt. In diesem Sinne fühlt es sich an, als würden wir oft in die Zukunft greifen, so dass der Begriff auf diese Weise gilt.
Ihr habt Musik für Soundtracks und Kunstprogramme geschrieben. Werdet ihr das wiederholen oder seid ihr immer auf der Suche nach etwas Neuem?
Ryan: Jede Filmmusik, jedes Tanzstück und jeder Film ist einzigartig. Ich schreibe seit zwanzig Jahren Musik für den Tanz und es ist immer noch eines der bereicherndsten Dinge, die ich musikalisch mache. Und da ich nur an einer Handvoll Filmen gearbeitet habe, habe ich in dem Bereich erst an der Oberfläche gekratzt. Es ist immer noch ein unerforschtes Gebiet.
Auf dieser Tour spielt ihr in Winterthur. Was verbindet euch mit der Schweiz?
Ian: Wir waren noch nie in Winterthur, aber wir haben mehrmals in der Schweiz gespielt und uns immer sehr willkommen gefühlt!
2016 seid ihr gemeinsam mit Woodkid beim Montreux Jazz Festival aufgetreten. Wie war das?
Ian: Eine unserer wohl besten Erfahrungen auf der Bühne als Band war das Montreux Jazz Festival 2016, wo wir eine Tour mit einer tollen Headliner-Show beendeten und dann einen weiteren Tag blieben, um als Gast in Woodkids Show zu spielen. Seine Show war anders als alles, was wir je zuvor erlebt hatten, mit schönem Setdesign und einem vollen Orchester. Es war auch das einzige Mal, dass Ryan und Woodkids Zusammenarbeit „Central Park“ aufgeführt wurde, was es zu etwas ganz Besonderem machte.
Vielen Dank für eure Zeit und Musik.
Interview: Michael Bohli