15.03.2018
Im Gespräch mit: Lukas Senn (Keyboard und Gesang) und Basil Kehl (Gesang und Gitarre), von Dachs
Wer die Schweizer Musikszene etwas verfolgt hat in den letzten Jahren, der weiss: St. Gallen hat ganz schön was zu bieten. Auch an Diversität. Egal ob meisterhaft erzählte Beobachtungsgeschichten in wavigen Gewand von Stahlberger, Mitgröhl-Rumpel-Punk von Knöppel oder 80’s Pop Hymnen von Crimer, die Stadt ganz im Osten der Schweiz hat für jeden Gehörgang etwas. Auch für Fans des eingängigen Electropops à la MGMT ist was dabei. Nämlich Dachs! Auf ihrem Debutalbum „Immer Schö Lächle“, welches seit dem Februar erhältlich ist, findet man grosse Synthiemelodien, sphärische Klangteppiche und tanzbare Rythmen, welche bei so manchem Indie-Kid wahre Begeisterungsstürme auslösen werden. Getragen wird das ganze von den Texten im St. Galler Dialekt. Wir haben die beiden Ostschweizer zum Gespräch getroffen.
Ivo Arztmann: Euer Album „Immer Schö lächle“ ist ja nun seit drei Wochen draussen. Was habt ihr da so für Feedback erhalten, was blieb speziell in Erinnerung?
Basil Kehl: Für uns sehr schön war die Menge an Feedbacks, die wir erhalten haben. Auch das medial sehr viel geschrieben wurde zum Album und zu den Songs. Das direkteste Feedback erhielten wir aber bei den Liveshows. Dort haben wir beobachtet, dass die Songs erstaunlich gut funktionieren und die Leute Gefallen haben, an dem was sie hören.
Ihr wart ja auf Tour. Welche Show ist euch da speziell in Erinnerung geblieben?
Lukas Senn: Mir ist der Unterschied zwischen all den gespielten Shows in Erinnerung geblieben. Am Freitag, 9.03.2018 hatten wir Plattentaufe im Palace in SG, es war rappelvoll und die Vibes waren krass. Einen Tag später spielten wir in Olten. Dort waren dann nicht sehr viele Leute anwesend und es fühlte sich sehr familiär an. Es waren also zwei ganz unterschiedliche Erfahrungen aber beide waren in sich stimmig und schön. Das finde ich etwas sehr Faszinierendes.
Basil: Ich glaube, es ist eine unserer Qualitäten, dass unser Set für beide Formate aufgeht. Es ist zwar rauschhaft und beatlastig, kann aber auch in einer Stube gespielt werden.
Lukas: Es sind halt auch zwei Stereotypen. Das Eine sind böse gesagt Kleinbühnen, auf der anderen Seite haben wir aber die Partys. In beiden Situationen versuchen wir aber auch den Rahmen wieder zu brechen. Das heisst, auch bei den lauten Konzerten spielen wir die ruhigen Songs und umgekehrt. Das ist uns schon wichtig, dass wir da eine Diversität schaffen.
Euch kennt man ja noch gar nicht so lange. Angefangen hat es wohl mit dem Song „Büzlä“, welcher plötzlich ein breiteres Publikum erreichte. Hat der wachsende Erfolg einen Einfluss auf euer Leben?
Lukas: Die letzten vier Wochen vor dem Release und der Tour waren schon sehr intensiv und wir haben eigentlich nur für die Band gelebt. Aber ansonsten finde ich nicht, dass sich mein Leben gross verändert hat.
Basil: Es ist halt immer eine intensive Phase rund um ein Release. Andererseits reisst man sich ja auch den Arsch auf wenn man noch nicht so eine breite Masse anspricht. Daher würde ich auch nicht sagen, dass sich gross etwas verändert hat. Einzig die Medientermine haben zugenommen.
Was erwartet mich denn, wenn ich „Immer Schö Lächle“ auflege?
Lukas: Dich erwarten ganz viele Geschichten. Einerseits aus dem Alltag, andererseits Geschichten über die Liebe. Diese Geschichten versuchen ein Ideal zu schaffen, welches niemanden ausschliesst. Das Album erzählt Geschichten in Mundart, welche somit jeden, der sich darauf einlässt ansprechen können.
Mich erinnern diese Geschichten sehr an einen anderen Musiker aus St. Gallen, nämlich an Manuel Stahlberger. Wie gross ist dessen Einfluss auf euer Schaffen?
Basil: Wir kennen ihn natürlich schon lange und verfolgen auch was er so macht. Und natürlich prägt uns das auch zu einem gewissen Grad. Ohne ihn würden wir zum Beispiel vielleicht nicht im Dialekt singen, weil wir uns vielleicht gar nicht trauen würden. Andererseits habe ich in meinem jetzigen Schreiben nicht das Gefühl , dass ich wahnsinnig geprägt bin. Es ist halt auch eine völlig andere musikalische Ausrichtung.
Lukas: (Zu Basil) Auch deine Texte, finde ich, unterscheiden sich von denen von Manuel Stahlberger. Du hast einen anderen Erzählstil. Aber ich glaub schon auch, dass es ohne Manuel Stahlberger nicht eine solche Selbstverständlichkeit für uns wäre, in Mundart zu singen.
Apropos Mundart. Wieso habt ihr euch für diese Sprache entschieden?
Basil: Das ist eigentlich extrem einfach: Ich wollte beim Schreiben der Texte das Maximum an Nähe zu mir selber herausholen. Und das ist halt in meiner Muttersprache am besten möglich. Für mich ist es auch die naheliegendere Frage, weshalb so viele Musiker mit anderer Muttersprache in Englisch singen. Ich finde es ein etwas dummes Argument, dass es halt besser klingt. Meiner Meinung nach sollte man mit der Musik etwas ausdrücken können und das wird halt schwieriger, wenn man sich selbst sprachliche Barrieren setzt.
Ich finde ja, es kommen sehr viele grossartige Künstler aus St. Gallen. Ihr, Stahlberger, Knöppel natürlich oder auch CBN und Crimer. Habt ihr eine Idee was St. Gallen ausmacht, dass soviel qualitativ hochwertige Musik aus dieser Stadt kommt?
Basil: Wir wissen es ehrlich gesagt auch nicht so genau. Wir stellen das natürlich auch fest und finden es schön, dass St. Gallen eine solch lebendige Musikszene hat. In St. Gallen gibt es ein Konzertlokal, nämlich das Palace, welches die Musikkultur sehr fest pflegt. Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch der lokalen Musikszene gut tut.
Lukas: Ich denke auch, dass gerade Stahlberger und deren Umfeld vor ein paar Jahren gute Vorarbeit geleistet haben. Sie haben mit ihrem Schaffen aufgezeigt: „Hallo, wir sind zwar der Osten, wir sind das Ende der Schweiz aber trotzdem sind wir gleichwertig!“ Und das hat meiner Meinung nach zu einem Umdenken in der Schweizer Musiklandschaft geführt, welches momentan stattfindet.
Basil: Ich glaube auch, dass wir diesen Minderwertigkeitskomplex, welcher einem als St. Galler ein bisschen aufgezwungen wurde, langsam beerdigt haben. Das Ostschweizer-Bashing ist vorbei. Jetzt sind wir dran und bashen alle zurück! «Gelächter»
Nun habt ihr euer Album released und dazu eine kleine Tour in der Schweiz gespielt. Wie geht’s weiter, wie sieht das Jahr 2018 aus der Dachs-Perspektive aus?
Lukas: Im Sommer stehen einige Festivals auf dem Program, welche allerdings noch nicht spruchreif sind und dann hoffen wir natürlich, dass noch viele weitere Konzerte dazu kommen werden.
Basil: Die Idee ist auch, dass wir mit der Band, mit welcher wir jetzt in der Schweiz unterwegs waren (der Ringer Anm. d. Red) eine weitere Tour machen und zwar in Deutschland.
In Deutschland habt ihr ja bereits schon einmal getourt. Wie reagiert denn das Deutsche Publikum auf die Texte im Schweizer Dialekt?
Lukas: Es ist noch speziell. Verstehen tun sie ja praktisch nichts und du hast einen gewissen Exoten-Bonus. Es war eine sehr spannende Erfahrung. Ich hatte grossen Respekt davor aber ich fands dann ziemlich geil. Und ich finde als Konzertbesucher merkst du auch wenn du die Sprache nicht verstehst, wenn die Band auf der Bühne ihr Ding mit Leidenschaft durchzieht.
Basil: Ich habe auch gemerkt, wie die Emotionen, die wir mit der Musik auslösen sich auf das Publikum übertragen haben. Dazu mussten sie die Texte nicht einmal verstehen. Trotzdem ist es halt schon auf dieser Tour immer etwas darauf hinaus gelaufen, dass wir halt die Schweizer waren und die Leute das noch herzig fanden und wir das Thema vom Abend waren.
Lukas: Was ich aber auch völlig ok finde. Es geht dann halt weniger um die Inhalte der Songs als viel mehr um die spezielle Sprache.
Ihr seid eine Zwei-Mann-Band. Das ist ja sicher nochmals intensiver, als wenn man in einer mehrköpfigen Band spielt. Wie funktioniert das?
Lukas: Es hat sehr viele Vorteile aber auch sehr viele Nachteile. Bei uns ist es so, dass wir uns schon ewig kennen und mittlerweile ein Gespür dafür haben, wie wir mit einander umgehen können um ein friedliches Verhältnis zu wahren. Wir kennen gegenseitig unsere Stärken und Schwächen und haben uns halt einfach auch gern. Darum funktioniert das bei uns ziemlich gut.
Basil: Ich bin ehrlich gesagt voll glücklich, dass es bei uns so gut funktioniert. Es ist auch schön, dass es so intensiv ist. Man macht zusammen jeden Sch****, fährt zusammen in jedes Loch und hat schlussendlich einfach gute Erinnerungen. Ziemlich romantic! (Lachen)
Lukas: Ich glaube aber, ich könnte es nicht mit jemandem machen, den ich nicht so gut kenne und schätze. Daher ist diese Band auch für mich kein Projekt sondern sie bedeutet Freundschaft. Denn die Bindung, die ich zu Basil habe ist schon der Kern von Dachs.
Zum Schluss: Wenn ihr der Stadt St. Gallen etwas sagen könntet, was würdet ihr ihr mitteilen?
Lukas: St. Gallen, ich habe dich mega gern, trotz all deiner Fehler und der Langeweile, die teilweise aufkommt. Gerade weil ich dich schon so lange kenne aber auch weil ich dich sehr schätze, würde ich dich schon nicht einfach so ins nächste Loch schmeissen.
Interview: Ivo Arztmann