30. November 2017
Hallenstadion – Zürich
Band: Yello
Das gab es wohl noch nie: Eine legendäre Band spielt im Hallenstadion in Zürich – und fast alle Besucher sehen die Künstler zum ersten Mal live! Wenn man die Geschichte der Electro-Pioniere Yello aber kennt oder genauer betrachtet, dann ist dies nur eine weitere Merkwürdigkeit in ihrer fast 40-jährigen Bandhistorie. Es war schliesslich für lange Zeit nicht mehr realistisch gewesen zu hoffen, Dieter Meier und Boris Blank einmal überlebensgross auf einer Bühne zu bestaunen. Nach ausverkauften Konzerten in Berlin haben die Herren aber daran Gefallen gefunden und sich nun auf eine kleine Tour durch die deutschsprachigen Gebiete gewagt – und natürlich auch in Zürich Halt gemacht. Aber nicht alles Gelbe ist Gold.
Wer seine Musik noch nie wirklich live dargeboten hat und somit auch nicht mit einem Publikum kommunizieren musste, der wirkt automatisch etwas verkrampft. Dies wurde auch Yello schnell zum Verhängnis, wussten sie die meiste Zeit nicht so wirklich, wie auf der Bühne zu stehen und was zu sagen. Das führte zu unfreiwillig komischen Ansagen und Kommentaren – geplant, aber nicht geübt. Allerdings war der Dadaismus schon immer ein tonangebendes Element bei der Musik dieser Band, sei es nun in Silbenfolgen, Effekten oder Videoproduktionen. Auch die Show, welche vor allem das neue Album „Toy“ vorstellte, nutzte immer wieder Elemente daraus. Auf einem riesigen Screen fügten sich alte und neue Aufnahmen zu einer geschmacksvollen Präsentation zusammen, Blank versah alte Tracks mit neuem Klangvolumen und Surround Sound.
Schön aber, dass auch Klassiker wie „Bostich“ oder „The Evening’s Young“ nicht komplett überarbeitet wurden. Mit einer Liveband versehen, welche sich vor allem durch die Bläsersektion bemerkbar machte, wurde das Digitale zwar fassbarer, die Synthies knarrten und piepsten aber wie früher. Basswelle um Basswelle wurde aus dem Datenverkehr eine menschliche Darbietung – und die Stimme von Dieter Meier ist sowieso immer ein Highlight. Als Gegenpol zu seiner männlichen Erotik erschienen mehrmals die britisch-malawische Sängerin Malia und die Chinesin Fifi Rong im Scheinwerferlicht und machten aus „The Rhythm Divine“ oder „Lost In Motion“ anschmiegende Popstücke. Genau diese klinische Performance liess aber gewisse Risse im Mythos von Yello sichtbar werden.
Klar, ihre letzten Alben waren eher Werke, die sich im Gebiet des alternativen Pop mit Jazz-Anleihen sesshaft machten. So war auch im Hallenstadion meist die Gemächlichkeit der grosse Gewinner, wirklich wild wurden Yello nur mit „Do It“ oder „Si Senor The Hairy Grill“ – aber trotzdem hinterliess dies ein etwas hohles Gefühl. Über die Jahrzehnte haben Meier und Blank mit ihren Kompositionen unzählige Stilrichtungen und Bands beeinflusst, das war auch in Zürich immer wieder zu spüren. Nur leider ging bei diesem Auftritt etwas die Abenteuerlust und verruchte Stimmung verloren. „Vicious Games“ oder „Oh Yeah“ mal in einem Konzert erleben zu dürfen: Herrlich. Doch die Erwartungen und Vorstellungen hat das Duo leider an diesem Donnerstagabend nicht komplett erfüllen können. Den Enkelkindern wird man es trotzdem erzählen.
Setlist (Quelle: Setlist.fm)
1. Magma
2. Do It
3. The Evening’s Young
4. Limbo
5. Bostich
6. The Rhythm Divine (Malia)
7. 30’000 Days
8. Tool of Love
9. The Time Tunnel
10. Kiss the Cloud (Fifi Rong)
11. Lost in Motion (Fifi Rong)
12. Tied Up
13. Liquid Lies
14. Starlight Scene (Malia)
15. Oh Yeah
16. Blue Biscuit
17. Si Senor The Hairy Grill
Zugabe
18. Bostich (Yellofier App)
19. Vicious Games (Malia)
20. The Race (Malia und Fifi Rong)
Text: Michael Bohli
Bilder: Liane Passila