8. November 2017
Samsung Hall – Dübendorf
Bands: Gorillaz / Little Simz
Es war schon mehr als wohlig warm in der Samsung Hall, als die Lichter ausgingen und eine dröhnende Stimme aus dem Off die Besucher endgültig zu lauten Jubelschreien brachte – auf diesen Moment hatten viele sehr lange gewartet. Und als dann eine schier endlose Reihe an Musikern auf den Podesten und hinter den Instrumenten ihren Platz einnahm, da wusste man: Dieses Konzert wird einige Rahmen sprengen. Alleine der Umstand, dass die Cartoon-Figuren nicht mehr im Mittelpunkt stehen und man sich endlich getraute, alle Mitwirkenden offen zu zeigen, liess diesen Auftritt der Gorillaz gleich menschlicher wirken – ganz gemäss dem neuen Album „Humanz“.
Doch das Affentheater hielt sich nicht lange auf Sparflamme und Zampano Damon Albarn, der gleich vom ersten Song an wild auf der Bühne umherrannte und den Kontakt zu den Besuchern suchte, leitete seine Mitmusiker in ein Feuerwerk an alten Hits. „Last Living Souls“, „Tomorrow Comes Today“ oder „Every Planet We Reach Is Dead“ – neue und oft sehr soulige Kracher wie „Strobelite“ oder „Busted And Blue“ mussten sich zuerst hinten anstellen, erhielten aber später am Abend immer mehr Raum. Und wenn sich schon Sängerinnen und Sänger, Gitarristen, Schlagzeuger und Bassisten wie wild von Song zu Song schubsten, dann durfte auch das Drumherum nicht weniger explosiv sein.
Mit riesigem Screen und packenden Animationsfilmen, faszinierender Lichtarchitektur und einem Sound, der so manchen Besuchern die Haare umfrisierte, liessen die Gorillaz ihren gesamten Mythos und ihre Bandgeschichte neu aufleben. Gäste auf der Bühne und auf der Leinwand gestalteten Lieder wie das fröhliche „Superfast Jellyfish“ oder das kaputte „Garage Palace“ in allen Facetten lebendig, und schon bald versank man grinsend in dieser wahren Flut an Farben, Melodien und gesprochenen Songzeilen. Die Band nahm das Tempo nur selten raus und zeigte einmal mehr, wie eigenartige ihr Stilmix doch ist. Irgendwo zwischen englischem Trip Hop auf Speed, Vorort-Rap und verprügeltem Britrock, immer noch futuristisch und doch angenehm retro.
Klar, subtil war an diesem Konzert nichts. Jegliche Botschaften, welche ursprünglich mal in den Liedern und Videos gesteckt haben, wurden durch diesen Zirkus in den Hintergrund gestellt und mussten Platz für die grosse Party im Zoo machen. Wer sich aber so druckvoll und selbstsicher präsentiert, der darf das auch. Mit Liedern wie „Sex Murder Party“ boten sich die Gorillaz dazu gleich als moderne Nachfolger von Frankie Goes To Hollywood an und zeigten, dass auch fiktive Bands mit einem Amalgam aus Globalisierung und Spass die Welt erzittern lassen können. Und spätestens bei den Zugaben wie „Stylo“, „Feel Good Inc.“ oder natürlich „Clint Eastwood“ liessen alle Leute ihrer Begeisterung freien Lauf.
Kein Wunder also, liess Little Simz Dübendorf bereits als Support mit ihren harten Beats, inhaltlicher Schwere und gegen den Strich produziertem Rap erbeben. Direkt aus London und mit viel Attitüde, wilder als jeder Schimpanse – da durften sogar die schweren Schatten noch auf der Bühne umherstreichen. Und wenn man nach diesen Stunden müde, aber überglücklich aus der Halle torkelte, dann wusste man erneut: Die 2000er-Jahre sind noch lange nicht tot zu kriegen. „Turn yourself around to the soul / To the soul, to the soul!“
Setlist
1. M1 A1
2. Last Living Souls
3. Saturnz Barz
4. Tomorrow Comes Today
5. Rhinestone Eyes
6. O Green World
7. Every Planet We Reach Is Dead
8. Sleeping Powder
9. Superfast Jellyfish
10. On Melancholy Hill
11. Busted And Blue
12. El Mañana
13. Strobelite
14. Andromeda
15. Sex Murder Party
16. Garage Palace
17. Kids With Guns
18. We Got the Power
Zugabe
19. Spitting Out The Demons
20. Stylo
21. Feel Good Inc.
22. Clint Eastwood
23. Don’t Get Lost in Heaven
24. Demon Days
Text: Michael Bohli
Bilder: Kathrin Hirzel