26. August 2016
Zürich Openair – Rümlang
Bands: Editors / Soulwax / Massive Attack / Tocotronic / Róisín Murphy / Miike Snow
Die Hälfte ist vorbei und erst heute fühlt es sich an, als würde das Openair beginnen. Die beiden ARTNOIR Redakteure Nik Petronijevic und Michael Bohli waren getrennt unterwegs und beschreiben ihre Eindrücke, die ähnlich sind und manchmal doch komplett unterschiedlich.
N.P: Michi und ich sind uns einig: der Freitag ist einer der besten Tage des Festivals. Wie schon fast jeden Tag sind die Nachmittage sehr schwach besucht; umso mehr Stimmung kommt am Abend auf. Den Freitag beginne ich mit Soulwax. Langsam mag ich nicht mehr die immer ähnlich klingende Indie-Elektronische Musik hören. Soulwax schaffen es nicht, mich zu überzeugen. Zwar sind da drei Drummer auf der Bühne, doch ich höre trotzdem nur eines. Die Melvins haben zwei und es hört sich an, als wären es fünf. Gut, vielleicht ist der Vergleich nicht ganz gerecht, da es zwei verschiedene Stile sind. Beim Publikum springt nicht wirklich der Funke – da nützt auch kein Strobo. Die Songs wirken monoton, da immer ähnliche Effekte genutzt werden. Vielleicht liegt es auch an der Setliste.
Und jetzt endlich. Die Band, die alles in den Schatten stellt. Editors betreten die Bühne; die Menge versammelt sich. Obwohl die Musiker vor einiger Zeit ein neues Album veröffentlicht haben, verstehen sie, dass man an einem Festival lieber die grossen Hits hören möchte. Und genau das macht die Band: sie liefert eine richtig geile Rockshow ab. Vielleicht nörgle ich zu viel, doch Rockbands liefern meiner Meinung nach sehr oft eine bessere Show ab, da die jeweiligen Sänger totale Rampensäue sind. Es braucht nicht immer extrem wildes Licht oder Feuerwerk; da reichen gute Songs und eine charismatische Band.
M.B: Sicherlich machen es nicht alle Acts dem Publikum einfach – besonders hervorheben muss man hier Róisín Murphy mit ihrem Theater-Electro-Pop. Avantgardistisch und komplex winden sich ihre Lieder zwischen den Bierständen, eine simple Refrain-Zelebration ist nur beim Moloko-Klassiker „Bring It Back“ möglich. Aber was die Frau an Kompositionen und Kostümwechseln zeigt, ist atemberaubend. Vielleicht nicht die richtige Band für einen solchen Abend, aber eindeutig die interessanteste. Wobei auch Soulwax zuvor aufzeigen, dass man nach 20 Jahren immer noch zu überraschen weiss.
Nicht ganz so bedeutsam, aber dafür mit einer wunderbaren Setliste zeigen sich die Hamburger Tocotronic am Nachmittag im heissen Zelt. Ihr poetischer Rock verbindet kryptische Texte, Liebesbotschaften und Gitarrenangriffe. Miike Snow muss dagegen vor allem gegen die Hitze und den leeren Platz ankämpfen.
Nachdenken kann man schliesslich später, denn der Headliner des Abends ist mit Massive Attack nicht nur klangtechnisch gross, sondern verbindet erneut aktuelles Weltgeschehen mit genialem Trip-Hop. Auf der Leinwand erscheinen soziale Fragen, politische Botschaften und ein Aufruf, die Welt gemeinsam toleranter zu gestalten. Bei „Eurochild“ wird die Bühne in blau-gelb getaucht, „Angel“ reisst uns alle mit erschütternden Bässen in den Untergrund. Danach ist alles plötzlich unwichtig.
Text: Nik Petronijevic / Michael Bohli
Bilder: Anna Wirz