XXIM Records / VÖ: 21. Januar 2022 / Electronica, Neoklassik
hugar.is
Text: Michael Bohli
Bergur Þórisson und Pétur Jónsson musizieren seit einiger Zeit zusammen als Hugar und lassen mit ihren leichtfüssigen Kompositionen den isländischen Zauber auf die Welt übergehen. «Rift» fasst Sorgen und Zerwürfnisse mit Samtpfoten an und schiebt die Andeutungen des Post-Rocks komplett beiseite. Den gewonnenen Platz füllen Stilmerkmale des Ambient und der Neoklassik, eine Stunde lang darf man sich an neue Orte transportieren lassen und die steten Wandel auf der Welt mit grösserem Abstand untersuchen. Von diesen handelt das Album, welches das Thema in instrumentaler Form angeht, ohne moralisch zu sein.
Das war bei «Varða» aus dem Jahr 2019 bereits so, ein Album, für das man Aufmerksamkeit und Zeit mitbringen musste. Die Songs von Hugar haben es auch auf «Rift» verdient, nicht nur nebenbei konsumiert zu werden. Sanfte Schichten von analog eingespielten Instrumenten treffen auf Synthesizer und elektronische Flächen, Pianoakkorde auf weiche Beats. «volt» ist ein solches Zuckerchen, sechs Minuten nachdenkliche und schöne Sounds, ein schwebendes Gefühl. Niemals geht die Realität auf dem Album vergessen, auch wenn die Epik überhandnimmt («solaris»).
Am besten Funktioniert «Rift», wenn man sich komplett der Musik hingibt und für eine Stunde in das Schaffen von Hugar eintaucht. Dann offenbaren Melodien und Harmonien eine Verankerung in unserer Welt, ein klarer Blick auf die herrschenden Entwicklungen. Melancholisch bewegt sich das Leitmotiv bei «IV», Stimmen und zurückhaltende Drones gestalten «keilir» sakral. Mit «bless» landet man wieder in seiner eigenen Wohnung, mit der gewonnen Gewissheit, nicht alle Brüche im Leben allein durchstehen zu müssen.