Mansions and Millions, 3-Headed Monster Posse / VÖ: 10. Dezember 2021 / Pop, R&B
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Text: Michael Bohli
Geschrien wird auf «I’m Good. The Crying Tape» nicht viel, auch wenn dies die wörtliche Übersetzung von Nalan wäre. Die Musikerin Nalan Karacagil nutzt auf ihrem Debütalbum (zumindest unter diesem Spitznamen) alle Emotionen und souligen Gesang zur ergreifenden Wirkung. Der R&B-Pop soll die Tränen herauskitzeln und ist ein Rückblick auf die Zeit im ersten Lockdown. Als jede Bewegung ausserhalb der eigenen vier Wände gefährlich erschien und die Einsamkeit wie ein hämisch lachender Dämon in den Schatten lauerte.
Früher bei den Gaddafi Gals dabei, ist «I’m Good. The Crying Tape» eine persönliche und singuläre Arbeit der Künstlerin, die mit Unterstützung von diversen Produzent:innen zu einer kollektiven Erfahrung wurde. Das zweigeteilte «Be Mine» sucht nach Zuneigung und Zugehörigkeit, der erste Hit folgt sogleich mit «I’m Good». Floskeln und das ewige Ausweichen unter der Lupe, Nalan untersucht die gesellschaftlichen Mechaniken und ihr eigenes Handeln. Gesang, Synthesizer und angenehmes Drumming, diese Popmusik spielt mit den Nullerjahren, Stücke wie «Only Birds Can Tell» lassen an Banks denken.
Meist im gemächlichen Tempo gehalten, werden tanzbare Takte von Nalan ebenfalls begrüsst. «Bed Of Tears» und «Mess It Up» umschmeicheln Beats und Bässe, die Lamentation wird mit treibender Kraft unterstrichen. Man erhält mit «I’m Good. The Crying Tape» nicht nur ein privates Album, sondern Möglichkeiten zur Bewältigung der eigenen Hürden. Bestenfalls erfolgt der Genuss im Safe Space, eingekuschelt und in Bereitschaft, die Welt neu anzugehen.