Nomark Records / VÖ: 24. September 2021 / Electronica, IDM
amontobin.com
Text: Michael Bohli
Unglaublich, bereits seit einem Vierteljahrhundert veröffentlicht Amon Tobin unter diversen Namen Musik, „How Do You Live“ ist nach „Fear in A Handful of Dust“ und „Long Stories“ die nächste Scheibe auf seinem eigenen Label Nomark Records. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Platten, wird mit den zehn frischen Tracks der Grad an Härte und Verrücktheit wieder angehoben. Ist der Titeltrack noch organisch und fokussiert, stürzt sich „Rise To Ashes“ bereits in die Untiefen der Bässe, Verzerrungen und krummen Rhythmen. Downtempo und IDM finden zusammen.
Alsbald flattern die digitalen Insekten aus den Synthesizern umher, die Takte formen sich zu Figuren, Gestalten und Szenerien. Zehn Mal zeigt sich Amon Tobin als Schöpfer und kreativer Erbauer. Kurz und voller Lücken das leicht nervöse „In a Valley Stood the Sun“, „Sweet Inertia“ stolpert Arm in Arm mit Gast Figueroa umher, dunkler Ambient mit Electronica-Experimenten findet man bei „Black As The Sun“, das sich in eine perkussive Eruption steigert. Sicherheiten gibt es auf „How Do You Live“ fast nie, auch die Gitarre von „Phaedra“ schert plötzlich aus.
Sounds und Klänge erinnern an Alben wie „ISAM“, Amon Tobin versenkt seine Tracks aber nicht im Nostalgiepool – dafür ist der Künstler aus Brasilien zu experimentierfreudig. Akustische Versuche und fremdartige Signale gibt es zu entdecken („Now Future“), Glitches und Verformungen fallen immer mal über Stücke wie „This Living Hand“ her. Für den Club ist diese Scheibe nicht geeignet, dafür umso mehr, um seine Tobin-Sammlung zu erweitern oder zu starten.