24. Juli 2021
Hardturmbrache – Zürich
Bands: Crimer / Mischgewebe
Schwarze Gewitterwolken ziehen über den Üetliberg, drohen Zürich unter riesigen Wassermassen zu begraben. Mittendurch sticht ein Lichtkegel auf die verwilderte Hardturmbrache herab und taucht die einsame Bühne in gleissend buntes Glitzerlicht. Wer hat die Energie aus der weit entfernten Discogalaxie angelockt? Das kann nur Crimer sein, mit seinem unerbittlichen achtzigerjahre Dancesound. Ihm gegenüber schreit und johlt eine kleine, wasserdicht verpackte Crowd.
Über die streng regelkonforme Umsetzung des Tanzverbots schweigt die Gentlemännin und geniesst. Sie verrät sicher nicht, dass ein Tanzverbot laut Crimer kein Hüpfverbot ist. Mit seinen unverkennbaren Dancemoves bringt er seinerseits die Nähte seines ostdeutsch-beigen Anzugs hart an ihre Grenzen. Auch Keyboarder und Gitarrist zeigen einen einzigartigen Style – viel zu selten werden Hasselhoff-Matte mit Pornopilotenbrille kombiniert.
Crimer sprüht vor verspielter Freude und entzückt mit seiner tiefen Stimme, die jedes Mal noch schöner zu werden scheint. So kompensiert die Band mühelos, dass die Lautstärke zu tief ist. Da ist nichts zu merken von der längeren Konzertpause, die Crimer ein bisschen an seinen Showfähigkeiten zweifeln liess, wie er auf Facebook geschrieben hat. Alles vibriert und dröhnt genau so, wie wir es lieben. Oder vielleicht sogar noch etwas besser? Viel zu schnell ist die Stunde vorbei.
Zuvor hat Mischgewebe seinem Namen alle Ehre gemacht: Teils seidenfeine, teils fast geschriene Vocals verwoben sich mit verschiedenen Instrumenten und kreierten einen einzigartigen Sound. Den Regenguss zwischendurch kompensierte das Publikum mit einer Extraportion Flüssigkeit aus selbst mitgebrachten Bierbüchsen.
Kommende Woche veranstaltet die Stadt Zürich weitere Stadtsommer-Konzertabende, diesmal dann im idyllischen Sihlhölzli Park. Völlig egal, dass man über das Schutzkonzept diskutieren könnte. Der Stadtsommer bietet seit Jahren Livemusik in bester Qualität in einem unkomplizierten Rahmen – einfach wunderbar. Danke, Züri!
Text: Nicole Müller