Band: VNV Nation
Album: Transnational
Label/Vertrieb: Anachron Sounds
Veröffentlichung: 11. Oktober 2013
Website: vnvnation.com
Geschrieben von: Dennis Bäsecke-Beltrametti
Am Anfang stehen, wie so oft, düstere Klangschwaden. Daraus winden sich Tonmäander zwischen den beiden Kanälen. Sie bewegen sich im Raum wie virtuelle Abbildungen elektromagnetischer Wellen und vermitteln in ihrem Pulsieren das für VNV-Nation derzeit zentrale Bild der Radio-Übertragung. Bald setzt der Beat ein und weite Akkorprogressionen entfalten sich.
Das neue Album „Transnational“ beginnt mit einer dieser instrumentalen Phantasien, die seit jeher VNV-Alben durchziehen. Nahtlos mündet dieses Intro direkt im ersten Song; Ronan Harris setzt ein. Die Sonne scheint aufzugehen. In überraschenden Dur-Farben beginnt „Everything“. Funkelnde Arpeggien im analogen Tonfall, Glasklare Sequenzer-Bässe und warme Melodien präsentieren sich in tänzerischer Leichtigkeit. Die Sprache steht in einer Linie zu „Automatic“. Die ganze neue Silberscheibe scheint von solchen warmen Goldstrahlen durchzogen zu sein.
An „Primary“, das im Geschwindigkeitsrausch stampfend und glitzernd die Gravitation zu überwinden scheint reiht sich „Retaliate“. Die Vorabveröffentlichung, stimmt heiser angriffslustige Töne an und wird zum jagenden Sturm. Ähnlich magnetisch wie der entsprechende Track „Control“ des Vorgänger-Albums ist diese Komposition absolut zwingend; eine klare Dramaturgie steuert den Verlauf und ist extrem auf die körperliche Komponente der Musik fixiert. Ein massgeschneiderter Track für die Tanzfläche. Live wird dieser Song durch ergänzende Visuals zur typischen Kampfansage verdichtet. Die unermüdlichen Kämpfer für eine bessere Zukunft und die positiven Energien gehen in die nächste Runde.
Danach wird es sphärischer und hinter den Chor-Sounds, dem Trance-artigen jubilieren von „Lost Horizon“ und der optimistischen Versunkenheit von „Teleconnect Pt. 1“ lässt sich die spirituelle Kraft von VNV Nation spüren: Der Glaube oder das Hoffen, die Menschheit könne ein goldenes Zeitalter der Menschlichkeit in Frieden mit sich und der fortschrittlichen Technik erreichen. Das ganze Album ist sehr hell und positiv gefärbt und setzt damit den eingeschlagenen Weg vom nachtschwarzen „Judgement“ über das heroische „Of Faith, Power And Gory“ und das golden strahlende „Automatic“ konsequent fort. So schildert Ronan Harris in „Teleconnect Pt. 1“ ganz eindrücklich und mit einer Stimme, die einen schier anzulächeln scheint, Turbinen und Highways dieser chromseligen Utopie. Immernoch befinden sich die Musiker auf der Spur der schon auf „Empires“ beschworenen Königreiche.
Aber kein Licht ohne Schatten: Mit „Aeroscope“ folgt ein düsteres Instrumentalstück, welches finstere Bass-Schwadronen und bedrohlich kränkelnde „Synthie-Striemen“ mit einem eiskalten, steinharten Beat zusammenführt und so einen Sog entwickelt, wie ich ihn seit „Momentum“ bei VNV Nation nicht mehr erlebt habe. „Off Screen“ findet in die postive Sprache des Albums zurück, übernimmt aber den Laid Back-Charme aus „Aeroscope“ in sein offbeatiges Bass-Schwellen. Die aufgelockerte Struktur der Gesangsphrasen belebt das geschehen angenehm und mit einem weiteren Refrain, in den man sich förmlich fallen lassen kann, setzen die beiden Musiker einen abermals betont positiven Schlusspunkt unter ihre Transmission.
Auch wenn man die melancholische Schwere vergangener Tage vermissen, wenn einem die dunklen Ecken des Albums und die ganz in sich gekehrte Klavierballade fehlen sollten, muss man zugeben, dass VNV Nation ihren Weg entschlossen, unbeirrt und mit grösster Liebe zum Detail einen grossen Schritt weitergegangen sind.
Tracklist:
1. Generator
2. Everything
3. Primary
4. Retaliate
5. Lost Horizon
6. Teleconnect Pt. 1
7. If I Was
8. Aeroscope
9. Off Screen
10. Teleconnect Pt. 2
Bandmitglieder:
Ronan Harris
Mark Jackson
Gründung:
1990