Band: Unhappybirthday
Album: Mondchateau
Genre: Ambient / NDW / Sophisticated Pop
Label: Tapete Records
VÖ: 4. September 2020
Webseite: Unhappybirthday bei FB
„Die Welt mit mir, die Zeit weit weg“ – Unhappybirthday hängen die Zeile fast beiläufig dem Refrain des Openers „Margo“ ihres neuen Albums „Mondchateau“ an. Sie wird sich im Laufe des Albums zu einer zentralen Botschaft entwickeln – in verschiedener Hinsicht.
Um die Zeile zu verstehen, lohnt es sich etwa, den Werdegang des Hamburger Trios zu betrachten. Was 2016 mit rau verzerrten Gitarren in den Klangfarben des Alternative Rocks begann, hat sich über fünf Alben hinweg zu einer geschmeidigen Melange aus Sophisticated Pop, NDW und Ambient entwickelt – und das in nur fünf Jahren.
Deckkräftige Gitarrenriffs sind heute elektronischen Glockenspielen und breiten Synthpads gewichen. Was bleibt, ist Daniel Jahns mal geflüsterter, mal gebrummter Sprechgesang. Diese neue, synthetisch geprägte Entwicklungsstufe des Trios eröffnet Jahns fast unerschöpfliche Klangwelten, in denen sich das Kollektiv austobt – ohne dabei sein Sound-Narrativ zu verlieren.
Der musikalische Spielplatz umfasst dann auch die gesamte Geschichte der Unterhaltungsmusik; vom Jazz bis zur modernen elektronischen Musik. Ein Spiel mit den Zeiten vielleicht – aber ebenso die Dekonstruktion derselben. In „Cristal“ lassen sie ein Flügelhorn jammern, als hätte es sich aus einen Film Noir der 1930er-Jahre gestohlen. In „Delon“ tänzelt ein Commodore-Moog der 1970er über den Pads herum. Und „Dunster“ wirbt mit perkussiven Synth-Akkorden für die Errungenschaften der NDW-Band Kraftwerk.
Um die verinnerlichte Welt zu umreissen, nutzt Unhappybirthday Lärm- und Klangsequenzen aus dem Alltag. Da zwitschert in „Margo“ zu Beginn ein Vögelchen über eine volle Strophe hinweg, verschwindet hernach, um in den letzten paar Takten nochmals in den Song zu flattern. „Burgund“ entwickelt sich über ein gleichmässiges Rauschen – Wind, Wasserströme oder auch Regenwetter. Und in den Song „Saison“ marschiert man über einen Kiesweg voller plaudernder Menschen hinein.
Diese Klänge wirken oftmals wie Fremdkörper in den Songs – ohne einen durchschaubaren Hinweis auf dessen Sinn und Inhalt zu geben. Diese Beliebigkeit kann ärgern. Doch mit dem Anspruch an literarisch bedeutsame Songs greift man bei der Band zu hoch – Unhappybirthday plant und konzipiert nur das Nötigste. Abstraktion ist Programm; und auch eine Reminiszenz an die in ihrem Sound omnipräsente NDW.
Über allem steht die vorgesehene Grundstimmung des Albums – und die zieht sich trotz höchst unterschiedlicher klanglicher Beschaffenheit bislang durchs ganze Oeuvre der Band. Sie schwingt auch in ihrem Bandnamen mit: Unhappybirthday feiert die Schönheit der Traurigkeit. So als verstünden sie sich immer ein bisschen nach dem Sommer, aber nie ganz im Herbst. Und eben mitten in der Welt, doch ausserhalb der Zeit.
Tracklist:
1. Margo
2. Cristal
3. Station
4. Delon
5. Burgund
6. Saison
7. Mondpalais
8. Plaza
9. Dunster
Bandmitglieder:
Daniel Jahn – Gesang und Keyboards
Tobias Rutkowski – Gitarre
Diana Kim – Bass
Jonas Meyer – Keyboards und Programming
Gründung:
2016
Text: David Kilchoer