Band: U2
Album: Songs Of Experience
Genre: Stadion-Rock
Label/Vertrieb: Island
VÖ: 1. Dezember 2017
Webseite: u2.com
Bei gewissen Bands ist die Veröffentlichung eines neuen Albums wie ein Beben – bei U2 ist es eher wie ein lange angekündigtes Gewitter, dass anhaltende Spuren in der Landschaft hinterlässt. Leider handelt es sich bei ihrem 14. Studioalbum „Songs Of Experience“ dabei aber nicht um viele erfreuliche Änderungen, sondern eher Umstände, die zum Grübeln verleiten. Die grösste Stadion-Rock-Band der Welt hat nämlich nicht nur das Geschwister zu „Songs Of Innocence“ aus dem Jahre 2014 verspätet abgeliefert, sondern eigentlich persönliche Songs zu Betrachtungen des aktuellen politischen Geschehens umgebaut – und stolpert dabei über ihre eigentlichen Stärken.
Mal die üblichen Vorwürfe betreffend Frontmann Bonos weltverbessernder Aktivität vorausgelassen (über die Panama Papers regen wir uns besser nicht jeden Tag auf), waren U2 immer eine Band, die sich nicht für direkte Aussagen zu Politik und Wirtschaft schämte – das kumulierte in Liedern wie „Sunday Bloody Sunday“ oder „Bullet The Blue Sky“. Doch mit neuen Stücken wie „American Soul“ verliert sich dieser Anspruch in verwässerten Ausdrücken und Bisslosigkeit. Es ist direkt zu spüren, dass viele Lieder auf dieser Platte zu oft überdacht wurden, und sogar das Gitarrenspiel von The Edge versandet zwischen der glatten Produktion.
Zwar werden mit Liedern wie „Love Is All We Have Left“ Vocoder und Elektronik zugelassen, diese Neugier wird durch blutleere Stücke wie „Red Flag Day“ oder „Landlady“ aber schnell wieder entkräftet. U2 schaffen es praktisch nie, einen Moment auf „Songs Of Experience“ zu erschaffen, der dem Albumtitel gerecht wird und im Gedächtnis bleibt. „The Blackout“ holt mit rumpelndem Bass und tollem Tempo zwar einiges raus und „13 (There Is A Light)“ schliesst den Kreis zum Vorgänger – am Ende steht man aber vor zu viel Bemühung und zu wenig Lust.
Somit haben U2 hier ein Werk erschaffen, das seinem Vorgänger zwar in nichts nachsteht, aber mit dieser Platte als Doppel die Speerspitze von egaler Musik bildet. Gewisse Songs werden im Stadion auf jeden Fall wieder für Jubel sorgen („The Little Things That Give You Away“), am Ende bleiben aber nur Klänge, die vor allem für Leute da sind, die sich nicht für Musik interessieren. Und so stehe ich nun hier und denke wehmütig an die Zeit zurück, in der von den Iren Platten wie „Achtung Baby“ oder „Zooropa“ erschienen, und will es fast nicht wahrhaben, dass hierfür die gleichen Mannen verantwortlich sind.
Tracklist:
1. Love Is All We Have Left
2. Lights Of Home
3. You’re The Best Thing About Me
4. Get Out Of Your Own Way
5. American Soul
6. Summer Of Love
7. Red Flag Day
8. The Showman (Little More Better)
9. The Little Things That Give You Away
10. Landlady
11. The Blackout
12. Love Is Bigger Than Anything In Its Way
13. 13 (There Is A Light)
Bandmitglieder:
Bono – Gesang
The Edge – Gitarre
Adam Clayton – Bass
Larry Mullen Jr. – Schlagzeug
Gründung:
1976
Text: Michael Bohli