King Bee Records / VÖ: 23. April 2021 / Alternative, Singer-Songwriter
tnisy.com
Text: Michael Bohli
Wieder zusammen Filme schauen, das Leben teilen, Karten zu spielen, füreinander da sein. Was sich nach globalen Lockdown-Sehnsüchten anhört, ist in diesem Fall etwas viel Intimeres und Persönlicheres. Marco Naef versucht sich mit seiner Musik zu heilen, „Home“ ist ein Befreiungsschlag unter dem Pseudonym The Night Is Still Young, nach sehr schwierigen Monaten ohne Wohnung und einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik. In ebendieser wurden die acht neuen Lieder geschrieben, als Therapie und hoffnungsvolle Möglichkeit.
Den Umständen entsprechend ist die Musik auf „Home“ melancholisch und eher niedergeschlagen, trotzdem sollte man sich nicht scheuen, mit The Night Is Still Young das Leben anzugehen. Was Nick Cave im grossen Massstab geleistet hat – eine Trauerbewältigung, die zum globalen Trostpflaster wurde – das funktioniert im kleinen Rahmen hier. Indie, Folk und Singer-Songwriter als Wurzeln, mit tollen Melodien und einfühlsamen Texten bewässert. Nach der Weltbetrachtung auf „She Want’s Us To Leave“ ein Schritt nach hinten, den Blick nach innen gerichtet. Vom Piano getragen wie bei „Resilient“, kurzgehalten und zuversichtlich bei „True Love“.
Dass der Gesang stellenweise etwas brüchig ist und die Musik mehr Volumen vertragen hätte, ist für „Home“ kein zu grosses Problem. Die Platte will nicht perfekt sein, sondern ist die nötige Handlung von The Night Is Still Young, sein Leben wieder zu normalisieren. Dass der Musiker dies öffentlich macht, zeugt von Empathie und ist zugleich ein Aufruf zu mehr Liebe und Vergebung. Damit „Pain“ nur noch ein Song sein wird.