Human Season Records / VÖ: 21. Februar 2025 / Post-Punk
themurdercapital.com
Text: Michael Messerli
Aufwertung von sich selber durch das Abwerten von anderen. James McGovern tut sich schwer mit dem Patriotismus, hinterfragt ihn in «Love of Country». Aber wie so oft sind die Dinge nicht schwarz und weiss. Wenn man sich mit seinem Heimatland verbunden fühlt, und im Fall von The Murder Capital ist das Irland, scheint die Frage nach dem Warum entscheidend. Unabhängigkeit ist mit Blick auf die Geschichte keine Selbstverständlichkeit und für viele heutige Nationen ging ihr Unterdrückung oder ein Kampf voraus. Auch in Schottland sprechen sich beispielsweise diejenigen Bands für eine Unabhängigkeit aus, die hierzulande sicher keine bürgerlichen Parteien wählen würden. Ein spannendes Thema.
«Blindness» ist aber kein Konzeptalbum. Und so mischen sich Themen wie die Liebe, Beziehungen sowie mentale Gesundheit unter und machen daraus zwar keinen Brei, aber es geht in verschiedene Geschmacksrichtungen. Ein bisschen hadert man damit schon, weil ein Konzeptalbum seinen Reiz gehabt hätte: Allein schon deshalb, weil das beim Vorgänger «Gigi’s Recovery» so gut funktioniert hat. Nur wiederholen will man sich nicht, vielmehr befreien von den Dingen und Brücken schlagen zwischen den Themen. Ohne den Bogen zu überspannen. Genau das passiert aber den ambitionierten The Murder Capital musikalisch auf «Blindness».
Das dritte Album der Band aus Dublin, die mittlerweile über Irland, Berlin und London verstreut ist, wirkt wie ein Blindflug. Orientierungslos, obschon es richtungsweisende Songs gibt. Es klingt aufgekratzt, bis das Spröde hervortritt. Es fehlt jedoch die Poesie des Vorgängers, selbst wenn sie textlich und in einzelnen Momenten aufblitzt. Zum Beispiel im wundervollen «Swallow», das auch gut ans Ende des Albums gepasst hätte. Und zwar besser als das ereignislose «Trailing A Wing». Man merkt dem Album die Entstehungsgeschichte an. Die Band kam in Los Angeles zusammen, musste sich zuerst wieder finden. So überrascht es nicht, dass gewisse Passagen wie Fremdkörper wirken. «A Distant Life» beispielsweise erinnert stark an Spoon und überzeugt wenig, während die Single «Words Lost Meaning» an den Grunge der 90er anknüpft. Besagtes «Love of Country» sucht die Nähe zum Folk und «Can’t Pretend To Know» ist Post-Punk, der den Vergleich mit «A Hero’s Death» nicht scheuen muss. «Blindness» den mit Fontaines D.C. aber schon.
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