Carpark Records / VÖ: 16. September 2022 / Indie
thebeths.com
Text: Michael Messerli
Manchmal erreicht man Kreuzungen, die einen vor die Frage stellen, welche Abzweigung man nehmen soll. Dabei kann man auch einfach weiterfahren, der Sonne entgegen. Oder dem Licht am Ende des Tunnels. Bei The Beths ist es die Sonne. Da, wo sie herkommen, war es selten dunkel, gab es vielleicht mal ein bisschen Nebel. Das Licht flutete schon immer die bisher zwei Alben der Indieband aus Auckland, Neuseeland, rund um Songwriterin Elizabeth Stokes. Nur was passiert, wenn da gar nie eine Abzweigung auftaucht? Eigentlich egal, wenn man in jedem Fall zum Schluss kommt: Scheiss drauf, wir ziehen es einfach durch und werden dabei immer besser. «Oh fuck it/ I’m gonna have party», sangen Nada Surf einst und «Expert In A Dying Field» ist deren Wachablösung.
Stokes zerbricht sich ihren Kopf ganz bestimmt mehrmals täglich. Und fröhlich sind ihre Gedanken auch nicht immer. Sie übersetzt sie musikalisch aber in eine gewisse Leichtigkeit. Menschen mit Lärmintoleranz haben wenig zu befürchten (Stichwort «Silence Is Golden»). Der Grat zwischen toll und beliebig ist schmal und der bereits handzahme Hund hat keine neuen Tricks gelernt, sondern macht sie einfach noch selbstverständlicher. Schaut man sich die Videos der Band an oder sieht sie live, dann fällt noch mehr auf, wie gut die spielen können und wie selten ernst sie sich selber nehmen – im Gegensatz zu ihrer Musik. Sie waren schon immer eine Gitarrenband, «Expert In A Dying Field» betont dies nochmals deutlich und die Background-Chöre werden im Vergleich zum Vorgänger «Jump Rope Gazers» wieder etwas mehr dosiert.
Selbst das Cover ist diesmal nur bedingt hässlich und wenn das dritte grossartige Album von The Beths mit «Best Left» zur zweiten Hälfte startet sowie mit «2am» endet, holt einen die Erkenntnis mit Blick in den Rückspiegel schnell ein: Sie steuern immer weiter geradeaus, mit Tempo und wachsendem Selbstvertrauen. Ängste, Unsicherheiten und Zweifel gehen in Schönheit auf, in Spielfreude und manchmal auch Humor. Mutig sein ist relativ und Richtungswechsel in manchen Fällen überbewertet – solange die Songs so gut bleiben.