Seeyou Records / VÖ: 23. Juni 2023 / Indie, Pop
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Text: David Spring
Es gab vor einigen Jahren mal ein liebevolles Lied über die wunderbare Welt der Seegurke und ihre beeindruckenden Verteidigungstricks. Nun kriegt das nächste Meereslebewesen ein eigenes Kleinod geschenkt, nämlich der Seestern. Tele Flûff aus Wien haben dem unscheinbaren, zackigen Keystone-Predator nämlich auf ihrem so schönen wie bizarren Album «Niche Compartments» einen eigenen Song gewidmet.
Wer denkt, dass das etwas komisch klingt, darf sich gefasst machen, denn damit kratzen wir erst sachte an der Eingangstür des dadaistischen Bollwerks, das dieses Album darstellt. «P. Jones», so der Titel dieses Seestern-Songs, blubbert feuchtfröhlich vor sich hin und erzählt in bester Jacques-Custeau-Manier davon, wie die Asteroidae die Aufgabe haben, sich durch die Meeresflora und -fauna zu fressen, ohne sich zu beschweren. Ein völliger Fiebertraum, den Tele Flûff hier produzieren, und so geht es dann auch weiter.
Tele Flûff ist ein Duo aus Wien, das sich zur Aufgabe gemacht hat, ein Album mit allem, was den beiden Kreativköpfen in die Finger kommt, zu produzieren. Die Songs bauen meistens auf einem Drum- und Bass-Loop auf, danach wurde im eigenen Homestudio alles vors Mikrofon gehalten, was gefunden werden konnte. Das Resultat bezeichnen die beiden als «Überraschung, Überzeichnung und Nonsens». Auch die Texte sind mehr oder weniger zufällig entstanden, Wortfetzen und Samples werden munter zusammengemischt, was einen Song über den Spurwechsel beim Autofahren («Change The Lane»), eine liebliche Ode an die Tierwelt («Alle Meine Tiere») oder eben ein Lied über Seesterne hervorbrachte.
Musikalisch ist das Album gemäss eigener Aussage ein «anarchischer Mix aus obskuren Nichegenres, Pop, Groove, Dada, Noise und Tralala». Dank der erwähnten Drum- und Bass-Basis haben die meisten Songs eine Art erkennbare Struktur, die oft jazzig und funky daherkommt. Tele Flûff sind durchaus talentierte Musiker:innen, so kann den Songs trotz der kuriosen Herangehensweise gefolgt werden. Von erkennbarem Inhalt oder gar einem thematischen roten Faden hingegen ist die Platte weit entfernt. Man könnte das alles gut auch einfach als einen wirren, musikalischen Trip abtun, was nicht unbedingt schlecht ist, aber schwer zugänglich allemal.
Am Ende des Tages macht das Hören von «Niche Compartments» Spass. Man kann dazu entweder den Kopf komplett abschalten oder sich richtig tief darauf einlassen. Die Platte ist herausfordernd, doch schlussendlich erfüllend. Vermutlich werden Tele Flûff nicht böse sein, wenn sich das Album nicht allen erschliesst, sie machen so oder so ihr eigenes Ding. Mehr als alles andere belegt das Werk, was für wundervolle Sachen manchen kreativen Schädeln so entspringen können, wenn man ihnen die Freiheit dazu gibt. Musik ist einfach etwas Schönes, egal wie bizarr sie ist.