9. Januar 2017
Im Gespräch mit: Sandrine Gryson, Managerin von Ultimae Records
Das in Lyon beheimatete Ambient und Downtempo Label Ultimae Records ist seit mehr als 17 Jahren ein sicherer Hafen für Musiker und Liebhaber der elektronischen Klänge. Dank der Liebe zum Detail und viel Leidenschaft sind die Veröffentlichungen seit Beginn eine faszinierende Angelegenheit.
Wir hatten die Gelegenheit, Label-Managerin und Künstlerin Sandrine Gryson zu ihrem Wirken ein paar Fragen zu stellen.
Michael: Vor Kurzem besuchte ich den Plattenladen von Ultimae Records in Lyon und fühlte mich sehr wohl da. Wie erreichst du ein solch freundliches Umfeld im Geschäft?
Sandrine: Dies geschah über die Jahre und resultiert aus einer netten und einfachen Begrüssung der Kunden, dem offerieren von Tee oder Kaffee und meiner Hilfe beim erforschen neuer Musik. Ebenso nehme ich mir gerne Zeit für ein Gespräch.
Ultimae Records ist nicht nur ein Geschäft, sondern auch ein Label für Ambient und Electronica. Wie hat all dies begonnen?
Alles begann vor 17 Jahren mit der Veröffentlichung vom Album „Code Eternity“ von Asura. Vincent Villuis, ehemaliges Bandmitglied, entschied sich für das Albumrelease das Label zu gründen und ein Portal für Ambient-Liebhaber zu schaffen. Ich schloss mich Ende Januar 2000 an.
Auf eurem Label sind Künstler aus der ganzen Welt vertreten. Wie kommt der Kontakt zu diesen Musikern zustande?
Unterschiedlich – manchmal passiert es via Internet, manchmal erhalten wir ein Demo, aber meistens treffen wir eine Person und es macht klick. Und natürlich geschieht es auch, dass uns Musiker weitere Namen vorstellen, wie Martin Nonstatic und Esko Barba / EskoStatic.
Elektronische Musik und Frankreich ist eine langlebige Liebesgeschichte. Gibt es weiterhin ein grosses Publikum, welches die ruhige Musik, die ihr veröffentlicht geniesst?
Ich würde sagen, es gibt ein wachsendes Publikum. Was aber vor allem fehlt, sind tolle Lokale, in denen dieses Genre und die Art von Konzerte die wir mögen gespielt werden kann.
Ambient ist auch nicht unbedingt eine einfach zu erklärende Musik für jemanden, der sich damit nicht auskennt. Wie würdest du vorgehen?
Ich denke, ich würde über Zeit und Raum sprechen – den Rhythmus verlangsamen und den Horizont erweitern. Aber auch die Musik als etwas darstellen, das ein Teil deiner Umwelt ist. Man sollte Musik als Klangwelten sehen, wie es Eric Satie damals gemeint hatte mit dem Begriff Soundscapes. Eine Art von Musik, die auf verschiedenen Ebenen beim hören Neues entdecken lässt.
Wenn ich mich nun in fantastischen Ambient-Klängen einbetten möchte, welche Alben sollte ich unbedingt besitzen?
Am besten startet man mit der Ultimae Collection und geht von da aus weiter zu den Produktionen von Klangwirkstoff, Silent Season, Slowcraft, Databloem, 12K, Erased Tapes und viele weitere. Ein simpler Start ist der Besuch unseres Online-Shops, da wir von den meisten Ambient-Labels der Welt die Veröffentlichungen verfügbar haben.
War denn Brian Enos Album „Music For Aiports“ für dich auch der Urknall in dieser Stilrichtung? Oder haben dich andere Künstler nach diesem Sound süchtig gemacht?
Bei mir startete alles mit klassischer Musik, dem Schaffen von Mozart und Beethoven. Enos Ambient-Werke hörte ich zum ersten Mal in den frühen Neunzigerjahren und ja, sie waren ein wichtiger Schritt in meiner Entdeckungsreise von Ambient. Ein paar Jahre später entstand in der Technoszene die Unterrichtung Ambient Techno und dies führte mich zu den Londoner Chill Out Welten, wie die Arbeiten von Aphex Twin, The Orb, Laurie Anderson und so viele weitere. All dies brachte mich zu den Alben die ich heute höre und veröffentliche.
Was waren denn die grössten Hits auf eurem Label?
Die „Fahrenheit Project“ Sammlung, “Leaving Home” von Solar Fields, “Hydroponic Garden” und “World of Sleepers” von Carbon Based Lifeforms, „360“ von Asura, „Mermory Shell“ und „Perimeters“ von AES Dana. Natürlich die Alben von H.U.V.A. Network und kürzlich „Far & Off“. Ebenso schaut das neue Album „Eyes To The Height“ von James Murray sehr vielversprechend aus.
Eure Veröffentlichungen sind nicht nur klanglich schön, sondern liebevoll und wunderbar gestaltet. Gehe ich richtig in der Annahme, dass für dich die Verpackung eine grosse Rolle spielt?
Genau, die Gestaltung ist uns genau so wichtig wie die Musik selber. Es legt die visuelle Grundlage für den Hörer und ist der Startpunkt der inneren Reise. Arnaud und Vincent arbeiten mit den Komponisten und DJs eng zusammen um für den Klang die passenden Bilder zu finden und die Geschichte dahinter zu erforschen.
Kaufen denn die Leute bei Ultimae vor allem Downloads oder spürt ihr den Vinylboom, den so manchen Effekt und Perspektivenänderung ins Geschäft brachte?
Ja, wir begannen mit der Veröffentlichung von Vinyl – vor allem EPs zur Zeit, in der Zukunft aber vielleicht auch Alben. In unserem Laden in Lyon verkaufen wir zur Zeit mehr Platten als CDs, somit spüren wir diesen Boom definitiv.
Aber zum guten Glück kaufen unsere Kunden alle Arten von Sachen bei uns – nebst dem Streaming die digitalen Alben, aber auch viel Merchandise. So mussten wir unser Angebot an Stoffsachen beträchtlich vergrössern um den Nachfragen aus aller Welt Folge leisten zu können.
Was sind denn eure Pläne für die Zukunft? Stehen grosse Künstler oder Veröffentlichungen auf dem Programm?
Im Frühling werden wir auf der Flussseite der Saône in Lyon einen neuen Laden eröffnen – ein Geschäft das den Plattenladen mit einem Café und Gemeinschaftsraum verbindet. Betreffend Musik werden wir „Greenosophy Second Chapter“ von Mizoo in kürze herausbringen, gefolgt von „Polarity“ – einer doppelten Compilation von Ambient und Techno von Focal. Ebenso folgt Material von Master Margherita, AES Dana, weitere Ambient-Bibliotheken auf USB-Sticks, die Filmmusik zu „Mandorla“ und der Start von EskoStatic. Vertrau mir, so schnell werden wir uns nicht langweilen – und ihr euch auch nicht.
Klingt super! 2019 wird dann für euer Label ein grosses Jahr, schliesslich seid ihr dann bereits 20 Jahre im Geschäft. Kann man eine grosse Feier mit Konzerten erwarten?
Erwarten darf man dies natürlich immer, wer weiss, was wirklich passieren wird. Ich selber weiss es noch nicht – bleibt also gespannt.
Besten Dank für das Interview.
Danke für die Möglichkeit.
Interview: Michael Bohli