8. April 2019
Im Gespräch mit: Dominique Anceschi (Gitarre) von Krane.
Mit ihrer letzten Veröffentlichung „Pleonexia“ traten die Post-Metal-Musiker von Krane nicht nur den Beweis an, dass auch instrumentale Lieder brandaktuell und politisch sein können, sie zeigten sich laut, gnadenlos und erschütternd. Seit 2012 ist das Quartett dafür verantwortlich, dass die Rock-Szene der Schweiz vielseitiger ist und zeigte dies nicht zuletzt mit dem zweiten Werk. Für das Czar Fest werden aber nicht nur alte Lieder entstaubt, die Besucher*innen erwartet sogar neues Material. Zeit für ein paar Fragen, nicht nur zu negativen Inhalten.
Mehr Informationen zum Czar Fest, welches vom 19.-20.04.2019 in der Kaserne Basel stattfindet, findet ihr hier. Tickets gibt es bei Starticket.
Michael: Euer Album „Pleonexia“ behandelte 2017 die Kriegsführung, ein leider immer noch aktuelles Politikum. Wird dies jemals obsolet?
Dominique: Es wird immer Menschen mit unterschiedlichen Meinungen oder Interessen geben, wodurch es immer zu Konflikten kommen wird. Und leider wird es wohl oder übel immer Menschen geben, die keinen anderen Weg wissen, als diesen Konflikten mit Gewalt zu begegnen. So wird diese Thematik ein fester Bestandteil der Kunst bleiben, welche die Aufgabe hat, immer wieder auf gesellschaftliche Phänomene aufmerksam zu machen und diese darzustellen.
Eure Songs beinhalten Samples mit sehr direkten Aussagen – ist die Zeit der Metaphern in der Musik vorbei?
Nein, natürlich nicht! Metaphern werden hoffentlich in vielen Bereichen der Kunst nie verschwinden, was so sein soll. Momentan, mit all den bestehenden und auch den neuen instrumentalen Bands (z.B. im Bereich Post-Rock), werden die Hörer*innen vermehrt dazu bewegt, eigene Interpretationen des Gehörten zu kreieren. Meist ist es nur ein Songtitel, welcher einen kleinen Hinweis bietet, was die Schreiber*innen des Songs ausdrücken, thematisieren oder hervorrufen wollen. Das stellt eine Aufgabe dar, welche viele Musikkonsument*innen in diesem Bereich spannend finden. Zu unseren Speeches: Wir wollten in „Pleonexia“ gezielt keine Metaphern, da in unseren Augen die Thematik des Albums diese nicht zulassen. Bezüglich Krieg besteht schon genug Verwirrung, so wollten wir dies nicht auch noch verzerren oder künstlerisch verschönern. Ging es bei „Pleonexia“ mehr um die Verarbeitung, wird den Hörer*innen bei neuen Songs wieder vermehrt Interpretationsspielraum und Platz für eigene Gedanken geboten.
Wäre „Der Kanonensong“ von Kurt Weill ein Cover-Thema für euch, da dieses Lied die Kriegsthematik schon früh anging.
Covers sind derzeitig kein Thema für uns. Ein Sample oder eine Anspielung davon, wären für das Album „Pleonexia“ denkbar gewesen, aber wir werden voraussichtlich nicht nochmals dasselbe Thema reflektieren müssen – das hoffen wir zumindest.
Wird die kommende Musik von euch ein positiveres Thema behandeln, oder passt dies nicht zu eurem Konzept?
Es besteht nicht mehr viel negativer Spielraum zum Thema „Krieg“. Ferner ging es uns nicht darum, ein möglichst negatives Thema zu behandeln, vielmehr war es zu dieser Zeit für uns alle ein omnipräsentes Thema, welches uns dermassen beschäftigte, dass wir diesem ein Album widmeten. Was uns gegenwärtig beschäftigt, wird Gegenstand von neuen Songs. Ob diese positiver oder noch negativer sein werden, hängt unter anderem von den Hörer*innen ab.
Ihr verwendet an Konzerten gerne unterstützende Visuals. Wirkt die Musik so besser?
Zu der Zeit als wir „Pleonexia“ an Konzerten als Konzeptalbum präsentierten, war es uns ein Bedürfnis, unsere Interpretation der Thematik dem Publikum visuell vorzuführen. Mit neuen Songs treten wir momentan ohne Visuals auf – auch am Czar Fest. Wir sind der Meinung, dass sich die Musik durch Visuals mehr in den Hintergrund verschiebt. Ob das „besser“ ist liegt im Auge des Betrachters.
Was erwartet ihr vom zweitägigen Czar Fest?
Wir erwarten ein Wochenende, an welchem vielerlei verschiedene Musikgeschmäcker auf ihre Kosten kommen werden.
Welchen Auftritt darf man an diesem Festival auf keinen Fall verpassen, nebst Krane natürlich?
Gar keinen! Aber hier unsere Favoriten: Nnra, Sons of Morpheus und Orso.
Die Szene pulsiert in Basel – liegt dies am pharmazeutischen Rheinwasser?
Ja! Davon abgesehen ist und wird Basel immer eine Kulturstadt sein, welche durch großartige Labels wie Czar of Crickets oder Sixteen Times Music, sowie tolle Locations, wie die Kaserne, das Hischeneck, das Sommercasino oder die Kaschemme junge Leute dazu bewegen wird, Musik machen zu wollen.
Was fehlt in der Schweizer Musikszene noch, um die veralteten Konventionen zu durchbrechen?
Diese Frage könnte Bestandteil der wissenschaftlichen Fragestellung einer Doktorarbeit sein. Grundsätzlich gilt es herauszufinden, wie Kunst und Kapital zu trennen sind.
Heuschrecken leiten das Czar Fest, welches Tier steht für Krane?
Die Ente.
Vielen Dank für eure Zeit und Musik.
Interview: Michael Bohli