ARTNOIR11 – Der Fragebogen
Ausgefüllt von: Evelinn Trouble.
Foto: Gregor Brändli
Zum elften Geburtstag von ARTNOIR haben wir diversen Frauen aus dem Schweizer Musikgeschäft einen Fragebogen zur Bestandsaufnahme zugestellt.
Eine Übersicht zu allen Teilnehmerinnen gibt es hier.
Irgendwo zwischen Pop, psychedelischen Klangversuchen und Alternativem Rock agiert Evelinn Trouble mit ihrer Musik. Irgendwo zwischen Berlin und Zürich, in ihrem eigenen Kosmos, trotzdem tief verankert in unser aller Wirklichkeit. Das ist betörend, das ist emotional, das ist mitreissend. Und immer kreativ bis ins letzte Detail.
ARTNOIR: Unser Musikmagazin wird elf Jahre jung. Was war für dich in diesem Alter wichtig?
Evelinn: Mit elf habe ich angefangen E-Gitarre zu spielen, nachdem ich Jimi Hendrix im Fernsehen gesehen hatte. Und mit elf habe ich mich zum ersten Mal heftig verliebt.
Wohin wird sich die Musikwelt – oder allgemein unsere Gesellschaft – im nächsten Jahrzehnt bewegen?
Das ist eine grosse Frage. Ich habe noch nicht eingehend darüber nachgedacht. Ich stelle mir die Zukunft unter den jetzigen Vorzeichen ziemlich finster vor und möchte meine Zeit nicht mit Schwarzmalen verbringen. Die Digitalisierung hat der demokratischen Idee den Teppich unter den Füssen weggerissen. Ganz zu schweigen von der Musikindustrie, wo man gezwungen ist, seine Musik umsonst zu Verfügung zu stellen. Was bedeutet, dass mir als Musikerin die Plattenverkäufe wegfallen. Dazu kommt noch Instagram, dass meinen Alltag ruiniert mit dieser permanenten Illusion, dass ich alles, was ich mache, teilen muss, um zu Erfolg zu kommen. Aber ich wollte nicht Schwarzmalen.
Wie weit planst du selber voraus – eine gesamte Dekade oder ist alles Zufall?
Ich hatte lange gar keine Pläne, sondern nur vage Träume. Das hat sich nicht allzu gut auf meine Karriere ausgewirkt. Mittlerweile versuch ich mir mittelfristige Ziele zu stecken, sodass ich zum Beispiel jetzt bereits darauf hinarbeite, dass Ende 2020 mein nächstes Album rauskommt.
Was waren deine Highlights in den vergangenen Jahren?
Ich habe dieses Jahr meinen ersten Stage-Dive gewagt, das war ein grosser Spass (am OltenAir 2019, Anm. der Redaktion). Und ich durfte mit meiner Black-Sabbath-Tribute-Band „Evil Woman“ am Stoner-Rock-Festival Desertfest in Berlin auftreten. Anfang Dezember hatte ich eine Solo Show mit meiner „Made Of Rain“-Tour in Zürich, die war sehr emotional und magisch.
Die Schweizer Musikszene – an was denkst du, wenn du diesen Begriff hörst?
Ich denke an viele tolle MusikerInnen, die manchmal vielleicht etwas zu brav sind und mehr wagen könnten. Aber es geschieht auf jeden Fall viel und es entsteht Schönes!
ARTNOIR versucht, die Kunst der Musik in ihrer grossen Vielfalt abzubilden. Was fehlt für dich in unserem Magazin?
Ihr macht das gut.
Welche Stilrichtungen / Genres oder Künste liegen dir besonders am Herzen?
Ich mag Musik, die mich überrascht. Die so klingt, als wäre sie noch nie dagewesen. Wildbirds & Peacedrums oder manche Trap-Sachen, als es noch neu war. Und ich schätze radikales Songwriting, das keinem Schema folgt, wie etwa Connan Mockasin oder Joanna Newsom. Und immer wieder höre ich alte Musik, wie die „Commodore Master Takes“ von Billie Holiday, „It’s so hard to tell who’s going to love you the best“ von Karen Dalton oder manche Sachen von Elvis.
Zu guter Letzt: Was sollte endlich gesagt werden?
Es wird zurzeit sehr viel über sehr Vieles gesagt, vielleicht wäre auch einfach mal Handeln angesagt.
Vielen Dank, dass du zur Vielfalt in der Musik und dem Leben beiträgst.
Interview: Michael Bohli