Band: Susanne Sundfør
Album: Music For People In Trouble
Genre: Art Pop / Synth-Pop / Experimental / Folk
Label/Vertrieb: Bella Union
VÖ: 8. September 2017
Webseite: susannesundfor.com
Das sechste Studioalbum der norwegischen Singer-Songwriterin ist eine regelrechte Kehrtwende des ausschweifend synthlastigen und überaus erfolgreichen Vorgängers „Ten Love Songs“ und somit eine Abkehr vom bisherigen Stil von Susanne Sundfør. Von pompös schillernd hin zu überaus dezenter Einfachheit.
„Music For People In Trouble“ ist sicherlich das persönlichste Werk der Künstlerin und entstand während einer Reise, die von Nordkorea bis in den Dschungel des Amazonas führte. Voller Empathie, die geradezu greifbar ist, verpackt in schlichten Klänge, will die Sängerin die Ängste der Menschen in der heutigen Welt einfangen und wiedergeben. Von Beginn an ist dieses Album sehr schwer verdaubare Klangkost. Die durchaus wehmütigen Texte sind in schwülstige Balladen eingehüllt, von denen jede so einzigartig ist, dass der vollendete Genuss nur am Stück funktionieren kann. Im Opener „Mantra“ darf nur die Gitarre die klare Stimme von Sundfør begleiten, bis am Schluss der schleichende Wechsel in den Schleier der Elektronik den Auftakt gibt, sich in den nächsten neun Titeln im Gefühlschaos zu verlieren.
„Reincarnation“ bedient sich beim Country und lässt an Dolly Parton denken. „Good Luck Bad Luck“ schliesst mit einem Ausflug in smoothigen Jazz. „The Sound Of War“ ist wohl das experimentellste Stück der Scheibe. Es beginnt mit dem Plätschern eines Bergbaches und zartem Gesang, bevor verzerrt eine Synthdrohne einfliegt und sich schlagartig verabschiedet, um einem epochalen, in der Ferne liegenden Klangteppich Platz zu schaffen. Das ganze gleicht einer Filmszene vor des Hörers innerem Auge. Da ist die Idylle vor der vernichtenden Zerstörung, gefolgt vom bitteren Gefühl des im Nirgendwo Verlorenseins. Im Track „Music For People In Trouble“ spielt die Künstlerin mit Samples. Es erinnert denn auch mehr an eine Kunstinstallation und verwirrt. „Bedtime Story“ verzaubert mit Klarinettenspiel, der wohl gefühlvollste Moment.
„Undercover“ wiederum ist mit Abstand der ausladendste Titel und schmiegt sich noch am ehesten an die Musik von Sundfør vor diesem Album. „No One Believes In Love Anymore“ lässt erschaudern. Mit seinen japanisch angehauchten Klängen katapultiert sich ein tieftrauriger und verzweifelnder Schmerz in die Seele, wunderschön verstörend. „The Golden Age“, der zweitletze und zugleich zuletzt geschriebene Song, ist der Höhepunkt des Albums. Avantgardistisch angehaucht ist er unglaublich rar gehalten, sowohl im Gesang als auch der Intrumentalisierung. Ein grandioses Monument. Und „Mountaineers“, welchem ein gewisser John Grand seine Stimme leiht, schliesst das Ganze surreal und noch einmal elektronisch prickelnd und schäumend ab.
Mit „Music For People In Trouble“ ist Susanne Sundfør nicht nur der Weg zurück zu den Wurzeln der Musik gelungen. Das Album ist so unglaublich vielfältig wie eben eine Reise von Nordkorea in den Amazonas. Mit dieser speziellen Mischung aus Hoffnungslosigkeit, gepaart mit der tiefen Wärme, die sich erst nach mehrmaligem Genuss festzusetzen vermag, lässt sich ein musikalisches Manifest sondergleichen geniessen. Dabei ist es die Denzentheit, die überwältigt. Wenig ist oft viel mehr und die schmalen elektronischen Tinkturen zaubern dem ganzen die feine Ästhetik des Experimentellen hinzu. Perfekt in die Zeit passend. Sicher nicht für den Mainstream bestimmt, aber das sind sie nie – die richtig Guten.
Tracklist:
1. Mantra
2. Reincarnation
3. Good Luck Bad Luck
4. The Sound Of War
5. Music For People In Trouble
6. Bedtime Story
7. Undercover
8. No One Believes In Love Anymore
9. The Golden Age
10. Mountaineers
Bandmitglieder:
Susanne Sundfør – Gesand und Instrumente
Gründungsjahr:
2005
Text: Sebastian Leiggener